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Panorama: Herbstorkane: Dieser Herbst ist nicht normal

Ein Herbststurm nach dem anderen wütet über Europa. Sind die ungewöhnliche Häufung und das Ausmaß der Erdrutsche und Überschwemmungen in so kurzer Zeit Zufall?

Von Andreas Oswald

Ein Herbststurm nach dem anderen wütet über Europa. Sind die ungewöhnliche Häufung und das Ausmaß der Erdrutsche und Überschwemmungen in so kurzer Zeit Zufall? Oder sind die Unwetter Vorboten einer ungemütlichen Zukunft?

Das Unbehagen wird durch Meldungen bestärkt, die Alarmstimmung auslösen können. Wie zum Beispiel die Vorabveröffentlichung von Teilen des UN-Klimaberichts, der für die nächsten 100 Jahre eine außergewöhnliche Erwärmung des Klimas um bis zu sechs Grad voraussagt. In den nächsten Tagen werden sich solche Meldungen über wissenschaftliche Studien genauso häufen wie Meldungen über neue Herbststürme, die Unheil bringen.

Für die Veröffentlichung sensationeller Prognosen von Wissenschaftlern genau zum jetzigen Zeitpunkt könnte es einen Grund geben. Am Montag beginnt die Weltklimakonferenz in Den Haag. Im Vorfeld eines solchen Ereignisses ist die öffentliche Aufmerksamkeit hoch und Wissenschaftler haben gute Chancen, dass ihr Name in den Medien genannt wird. Es gibt aber Experten, die skeptisch sind, was die "Sensation" des UN-Berichts sowie bereits jetzt abzusehende Meldungen der kommenden Tage angeht. Mojib Latif, Klimaforscher am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg, sagt, die im UN-Bericht erwähnte Steigerung um sechs Grad sei eine Modellrechnung ausschließlich unter der Annahme, dass sich der Kohlendioxid-Ausstoß vervierfache. Bislang gehe man aber davon aus, dass er sich nur verdoppele. Bei einer angenommenen Verdoppelung steige die Temperatur um drei Grad, so stehe es auch im UN-Bericht. Latif selbst wirkte wie viele andere Forscher an dem UN-Bericht mit. Die derzeitige ungewöhnliche Häufung von Unwettern ist nach Ansicht von Klimaforschern Zufall. Kurzfristige Häufungen treten immer wieder auf. Latif geht aber davon aus, dass die prognostizierte Erwärmung langfristig zu einer Häufung extremer Wetterphänomene wie Dürren und Hochwasser führen wird.

Ein bisschen beunruhigt sind die Meteorologen über das derzeitige Wetter aber doch. Thomas Globig von Meteofax/Meteomedia weist darauf hin, dass sich seit Monaten über Russland nahezu ununterbrochen Hochdrucklagen festgesetzt haben. Sie verhindern, dass es zu einem "normalen" Herbst in Europa kommt. "Normal" hieße: Tiefs, die vom Atlantik westwärts ziehen, kommen zuerst nach England und anschließend nach Deutschland und Polen. Das Hoch über Russland verhindert diesen Lauf. Die Tiefs bleiben lange über England, setzen das Land gehörig unter Wasser und ziehen dann ausgeregnet nach Norden. Auffallend - darauf weist die Meteofax-Meteorologin Tanja Lamprecht hin - ist auch die schnelle Abfolge der Tiefs. In kurzen Abständen entstehen immer neue über Island.

Das Ergebnis dieser Großwetterlage über Europa: England und - auf der anderen Seite - Italien werden nachhaltig und immer wieder unter Wasser gesetzt. Das gilt auch für die nächsten Tage, besonders für das Wochenende. Der Boden ist vollgesogen und kann kein weiteres Wasser aufnehmen. Was die Länder bräuchten, wären einige Wochen Trockenheit, damit das Wasser zurückgehen kann. Davon kann keine Rede sein.

Nur in Deutschland beschert die Großwetterlage immer wieder Sonnenschein und milde Temperaturen. Eine Art Goldener Oktober. Nur halt im November.

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