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HIV-Vorwurf: No-Angels-Sängerin geht nicht mehr gegen "Bild" vor

Die Sängerin Nadja Benaissa hat ihre Einstweiligen Verfügungen gegen "Bild" zurückgezogen. Das Blatt hatte zuerst über die Verhaftung der Sängerin berichtet. Die Staatsanwaltschaft Darmstadt hatte nach der Verhaftung öffentlich erklärt, der Sängerin werde vorgeworfen, im Wissen über ihre HIV-Infektion einen Mann angesteckt zu haben.

Die No-Angels-Sängerin Nadja Benaissa will offenbar zunächst nicht mehr gegen Medienberichte über ihre angebliche HIV-Infektion vorgehen. Die Popsängerin habe am Mittwoch ihre ursprünglichen Anträge auf Erlass von zwei einstweiligen Verfügungen zurückgenommen, teilte eine Sprecherin des Berliner Landgerichtes mit. Diese waren gegen das Medienhaus Axel Springer ("Bild", "Die Welt") gerichtet. Mit ihnen sollte die Berichterstattung über ein Ermittlungsverfahren wegen schwerer Körperverletzung und den Gegenstand der Untersuchungshaft untersagt werden. Die zwei für diesen Donnerstag anberaumten Verhandlungstermine entfallen damit laut Gericht.

Die "Bild"-Zeitung hatte als erste über den Fall berichtet, weshalb die Sängerin gegen dieses Blatt klagte. Die Staatsanwaltschaft Darmstadt hatte erklärt, Benaissa sei verdächtig, einen Mann bei ungeschütztem Sex mit dem Aids-Virus HIV angesteckt zu haben, obwohl sie von ihrer Infektion gewusst habe. Andere Zeitungen berichteten ebenfalls über die Erklärung der Staatsanwaltschaft Darmstadt. Die Informationspolitik der Staatsanwaltschaft  war heftig kritisiert worden. Die Behörde sei über das Ziel hinausgeschossen, und habe die Persönlichkeitsrechte Benaissas verletzt, erklärten etwa die Grünen.

Ihr Anwalt Christian Schertz erklärte am Mittwoch, er habe die Einstweiligen Verfügungen aus strategischen Gründen zurückgenommen. Er werde aber weiterhin gegen Medien vorgehen, die die Persönlichkeitsrechte der Sängerin verletzten.

Die Deutsche Aids-Hilfe sah damals in der spektakulären Verhaftung und vor allem in dem HIV-Outing der 26-Jährigen durch die Staatsanwaltschaft "eine moderne Form der Hexenjagd". Später relativierte die Deutsche Aids-Hilfe diese Position, weil der Fall dieser Prominenten ein wichtige Anlass sei, über die Gefahren von Aids aufzuklären. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung erklärte ebenfalls, wegen der Vorbildfunktion der Sängerin für junge Menschen solle anlässlich dieses Falles verstärkt Aufklärung betrieben werden. "Die Tradition zeigt, dass immer dann, wenn eine HIV-Infektion von berühmten Menschen oder Personen des öffentlichen Lebens wie Rock Hudson oder Freddie Mercury bekannt wird, das Thema wieder stärker in den Vordergrund rückt",  sagte eine Sprecherin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) in Köln. Die abstrakte Gefahr konkretisiert sich plötzlich." Bei der BZgA, aber auch der Aids-Hilfe, stehe das Telefon seit Bekanntwerden des Falls nicht mehr still.

Für Aids-Aufklärer war der Fall zwiespältig, weil prominente Fälle auf die Gefahren aufmerksam machen können, andererseits Aids-Aufklärung auf eine angstfreie Atmosphäre angewiesen ist.

Die Bundesärztekammer hatte im Zusammenhang mit der Verhaftung der Sängerin vor Leichtsinn im Umgang mit dem Risiko einer HIV-Infektion gewarnt. "Kondome sind bisher die einzige Möglichkeit, sich vor einer Ansteckung mit dem HI-Virus zu schützen und die Verbreitung der Krankheit zu verhindern", sagte Ärztekammerpräsident Jörg-Dietrich Hoppe der "Passauer Neuen Presse". "Ein Laisser-faire bei der Prävention dieser Krankheit ist absolut nicht indiziert."

Der hessische Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) stellte sich vor die Staatsanwaltschaft. Bei der Abwägung zwischen dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der Sängerin und dem Recht der Medien auf Information habe in diesem Fall der Anspruch der Medien Vorrang. (Tsp/dpa)

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