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Panorama: Höllisch und politisch

"Erotisch und deftig, hexisch und teuflisch" soll es in der Nacht zum Sonnabend im Harz zugehen, verspricht Roswitha Ermisch von der Kurverwaltung in Schierke.Mehr als 20 000 Gäste aus ganz Deutschland werden sich zur Walpurgisnacht im Kurpark des kleinen Ortes um Wurst- und Bierbuden drängeln, insgesamt werden über 45 000 Menschen auf den Festplätzen im Harz erwartet.

"Erotisch und deftig, hexisch und teuflisch" soll es in der Nacht zum Sonnabend im Harz zugehen, verspricht Roswitha Ermisch von der Kurverwaltung in Schierke.Mehr als 20 000 Gäste aus ganz Deutschland werden sich zur Walpurgisnacht im Kurpark des kleinen Ortes um Wurst- und Bierbuden drängeln, insgesamt werden über 45 000 Menschen auf den Festplätzen im Harz erwartet.Mit Trommeln und Pfeifen wollen die Hexen und Teufel auf einem "höllischen Festumzug" über die Brockenstraße ziehen und im Anschluß ein großes Mittelalterspektakel mit "symbolischen Hexenflug" erleben.Nur wenige Hexen werden sich allerdings auf dem traditionellen Flugplatz, dem Brockengipfel, auf ihre Besen schwingen: Als Mittelpunkt des Festes kommt das Naturschutzgebiet inzwischen nicht mehr in Frage.

In der Walpurgisnacht, der Nacht vom 30.April auf den 1.Mai, treiben alten Sagen und Legenden nach überall in Nordeuropa Hexen und allerlei Unholde ihr Unwesen, um mit Tänzen und Spuk die Geister des Winters zu verjagen.Entwickelt haben sich diese Sagen in der Zeit der Christianisierung aus der Konfrontation mit dem germanischen Götterglauben: Frauen, die Arzneien herstellen und schreiben und lesen konnten, waren bei den Germanen bis ins frühe Mittelalter hoch angesehen, so wie eben die heilige Walburga, die Äbtissin des Klosters von Heidenheim.Diese Sonderstellung aber widersprach den Lehren der Missionare, nach denen Frauen sich Männern zu unterwerfen hatten.Verbote und Verunglimpfungen schufen schließlich den Hexenaberglauben, wie Dagmar Neuland-Kitzerow, Wissenschaftlerin am Berliner Museum für Volkskunde, erklärt: "Mit den Hexenverbrennungen im Mittelalter sollte ja im Grunde das weibliche Spezialwissen verdrängt werden." Deshalb seien dann in den siebziger Jahren die Hexen auch zum Symbol der neuen Frauenbewegung geworden und die Walpurgisnacht zur "Nacht der Frauen": "Die Frauen zeigen dabei ihre Stärke und Klugheit.Das Feuer, früher ein heidnisches Symbol, drückt ihre Zuversicht aus." In den Walpurgisnacht-Feiern treffen nach Neuland-Kitzerow somit christliche und heidnische Tradition, die Lust am Verkleiden und am Schabernack sowie moderne Frauenpower aufeinander.

Entsprechend gehört für viele Frauen zum Spaß in der Walpurgisnacht auch der Ernst:Die Frauen vom Berliner "Notruf für vergewaltigte Frauen" etwa wollen bei einer großen Fete in der Kreuzberger Disco "SO 36" Geld für ihr Projekt eintreiben.

ANJA KÜHNE

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