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Das verschandelte Schwimmstadion von Zaha Hadid im Osten Londons. Für die Olympischen Spiele wurden auf beiden Seiten Zuschauertribünen angeheftet. Foto: dpa

© picture alliance / dpa

Panorama: Hoffentlich bleiben die Touristen weg

In einem Jahr starten die Olympischen Spiele in London – dann droht der endgültige Verkehrsinfarkt

Mit einem Sprung vom Zehn-Meter- Turm ins unberührte, jungfräulich stille Olympiagewässer eröffnete der 17-jährige britische Medaillen-Aspirant Tom Daley offiziell Londons schickes neues Schwimmstadion und signalisierte der Welt, dass London bereit für die Olympiade 2012 ist. Für Daley und die Themsestadt wird es nun ernst. In genau einem Jahr wird die Fackel im Olympiastadion in Stratford, Ostlondon, entzündet. Was Daley angeht, gibt er nun die Schule auf, um sich mit aller Kraft vorzubereiten. 2008 in Beijing war er einer der jüngsten Olympioniken aller Zeiten, schnitt aber nicht besonders gut ab. 2009 wurde er jüngster Springweltmeister der Welt, aber am Sonntag verlor er seinen Titel in Schanghai gegen den Chinesen Qiu Bo.

Auch auf London, so sagt Olympiaboss Sebastian Coe, „kommt noch ein Berg von Arbeit zu“. Allerdings gab sich Lord Coe gelassen. „Wir sind mit unseren Vorbereitungen genau dort, wo wir sein wollen.“ Nicht nur das Schwimmstadion ist fertig, samt der hässlichen, von außen angepappten Zuschauertribünen, die nach den Spielen wieder abgebaut werden, damit das Stadion von Architektin Zaha Hadid, das wie eine Flunder aussieht, auch wirklich zur Geltung kommen kann. Auch im Olympiastadion daneben sind die Aschenbahnen und der Rasen gelegt. 88 Prozent der Bauten, einschließlich des olympischen Dorfes sind fertig, sagt Coe voller Stolz.

Londons Bürgermeister Boris Johnson hatte die Besucher und Touristen im Sinn, die er „für einen wunderbaren Sommer in der besten großen Stadt der Welt“ einlud. „Es wird die größte Party, die London, und in Wahrheit der ganze Planet, je erlebt hat“.

Aber wie gut sind die Briten gerüstet? Bei der Organisation wollen sie es mit den Chinesen aufnehmen. Nicht nur die Bauten sind fertig – ein Kunststück, das laut Olympiaminister Hugh Robertson „den Ruf der britischen Bauindustrie gerettet hat“. Man blieb auch im 9,3-Milliarden- Pfund-Budget – 2 Milliarden davon für die eigentliche Durchführung der Spiele – nachdem es unter einigen Kontroversen bis 2007 mehrfach um riesige Beträge aufgestockt werden musste. IOC-Präsident Jacques Rogge lobte die „große Qualität der Vorbereitungen“ und ist „sehr zufrieden“.

Nicht ganz so zuversichtlich sind die Briten selbst. Eine Olympia- Party auf dem Trafalgar Square am Mittwoch sollte vor allem den Briten selbst einen motivierenden Vorgeschmack geben. Sie war ein Vorgriff auf die „Live Sites“ in Londoner Parks, wo diejenigen, die bei der Zuteilung der Eintrittskarten leer ausgingen, die Sportereignisse auf großen Bildschirmen mitverfolgen können und als Trostpflaster mit Konzerten und Show-Künstlern unterhalten werden.

Der Begriff „Public Viewing“ ist ein speziell für die WM 2006 in Deutschland übernommener Begriff, der im Englischen eine etwas andere, viel weitere Bedeutung hat. Die Engländer sagen „Live Sites“.

Nur 31 Prozent der Londoner haben sich für Tickets beworben, aber Hunderttausende gingen leer aus. Man schimpfte über einen „Skandal“. Eine Baroness im Oberhaus beschwert sich beim IOC, weil Briten benachteiligt würden. Nach einer Umfrage bezeichnen sich mehr als die Hälfte der Briten als „nicht begeistert“ von den Spielen. Lord Coe, selbst zweimal Olympiasieger, betonte das Positive: „Ein Jahr und schon ist fast die Hälfte von den Spielen begeistert. Wir haben 250 000 Bewerbungen für Freiwilligenämter, beim Staffellauf mit der Olympiafackel durch Großbritannien gibt es längst keine Plätze mehr, 18 000 Schulen haben sich für unser Programm eingetragen – das ist nicht ein Zeichen für mangelndes Interesse“.

Zu den größten Problemen gehört der Olympiaverkehr. Das öffentliche Verkehrssystem ist bereits jetzt an der Grenze der Auslastung. Londons Straßen sind schon in normalen Zeiten mit elf Millionen Fahrten am Tag mit die verstopftesten der Welt. Nun soll bei den Spielen eine umstrittene Sonderspur Olympia-Funktionären freie Bahn zum Stadion verschaffen – mit ungewissen Konsequenzen für den restlichen Verkehr. Die Organisatoren hoffen, dass ein Drittel der Londoner während der Spiele in Urlaub ist und normale Urlauber in dieser Zeit London meiden.

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