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Oscar

© dpa

Hollywood: Oscar wurde langweilig

Die Verleihung der Academy Awards war eine große Enttäuschung – da konnten auch schale Politwitze nicht mehr helfen.

Hinterher fragten sich alle, was genau passiert war. War es der Autorenstreik, der zu spät geendet hatte und den Oscar- Produzenten nicht mehr genug Zeit ließ, eine furiose Show vorzubereiten? Lag es daran, dass die wichtigsten Preise an Akteure ging, die fremd in Hollywood sind? Oder ist der Oscar mit seinen 80 Lenzen auf dem Buckel einfach in die Jahre gekommen? Die Show am Sonntagabend im Kodak Theatre in Los Angeles jedenfalls wirkte angestaubt, langatmig und zäh wie ein zu lange gekautes Kaugummi.

Entsprechend nörgelten die Kritiker am nächsten Tag. Es sei eine „Fernsehshow mit andauerndem Schluckauf“ gewesen, monierte die „Washington Post“ angesichts der nicht enden wollenden Serie von Filmeinblendungen aus vergangenen Tagen. Die Oscars seien nicht nach Hollywood gegangen, sondern fast alle nach Europa, stellte die „Los Angeles Times“ nüchtern fest. Und „USA Toady“ fragte spitz: „Vielleicht war es doch nicht so eine gute Idee, den Streik rechtzeitig zu beenden.“ Gastgeber Jon Stewart gab sich alle Mühe, den Funken von der Bühne auf die Ränge überspringen zu lassen. Doch es wollte und wollte nicht gelingen. Der Mann, der mit seiner satirischen Nachrichtensendung „The Daily Show“ gerade unter den jüngeren Zuschauern Kultstatus genießt, versuchte es mit ein paar Politspäßchen oder einem Witz über die vielen schwangeren Stars im Saal. Doch bevor er richtig in Fahrt kam, musste er schon dem nächsten Filmausschnitt weichen. Oder den sterbenslangweiligen, live aufgeführten Ausschnitten aus dem Disney-Musical „Enchanted“, das wie eine fast vergessene Erinnerung aus einem längst vergangenen Jahrhundert wirkte.

Dabei mangelte es keineswegs an spannenden Geschichten. Zum Beispiel die drei Oscars für die Brüder Joel und Ethan Coen, die für „No Country for Old Men“ den goldenen Mann für den besten Film, die beste Regie und das beste adaptierte Drehbuch erhielten. Der in Texas spielende Neo-Western ist so blutig, verschroben und eigenwillig, wie man das von den Brüdern kennt, die einst für „Fargo“, „Barton Fink“ und „The Big Lebowski“ verantwortlich zeichneten. Eigentlich habe sich ihre Art, Filme zu machen, nicht geändert, seit er mit seinem damals elfjährigen Bruder zum Flughafen loszog, um ein Stück mit dem Titel zu drehen: „Henry Kissinger, Man on the Go“, scherzte Joel Coen, „danke, dass ihr uns in unserer Ecke des Sandkastens spielen lasst.“ Fast hätten die Brüder auch noch einen historischen vierten Oscar gewonnen, doch am Ende ging „Roderick Jaynes“ leer aus – unter diesem Pseudonym hatten sie ihren eigenen Film geschnitten. „Jaynes“ sei jetzt wahrscheinlich verärgert, scherzte Joel Coen hinter der Bühne, „wir haben noch nicht mit ihm gesprochen, aber wir wissen, dass er älter ist und stets schlecht gelaunt.“ Noch so eine wunderbare Geschichte, die das Leben schrieb, lieferte Cody Diabolo, die für das Drama „Juno“ über eine Teenagerschwangerschaft den Oscar für das beste Originaldrehbuch bekam. Es war der erste Film der einstigen Striptease-Tänzerin.

Aber ein bisschen fühlten sie sich offensichtlich wie Gäste auf ihrer eigenen Party. Keiner der Schauspielpreise ging an einen aus ihren Reihen. Daniel Day-Lewis, bester Hauptdarsteller in „There Will Be Blood“, ist Ire. Marion Cotillard, die überraschend für ihre Hauptrolle als Edith Piaf in „La Vie en Rose“ gewann, ist Französin.

Die Preise als beste Nebendarsteller gingen an den Spanier Javier Bardem („No Country for Old Men“) und die Schottin Tilda Swinton („Michael Clayton“). Mit der goldenen Trophäe in der Hand zeigten die zwar auch ordentlich Emotionen, Bardem hielt gar eine herzergreifende Ansprache an seine Mutter, die in einer der vorderen Reihen saß – aber eben auf Spanisch. Bei Swinton, die in George Clooneys Film eine skrupellose Anwältin spielt, setzte der Schock über die Auszeichnung erst richtig hinter der Bühne ein. Sie dachte zunächst, sie hätte einen anderen Namen gehört, als der Umschlag geöffnet war: „Ich erhole mich von dem Moment immer noch, und ich habe keine Ahnung, was danach geschehen ist. Wenn mir jetzt jemand erzählen würde, mein Kleid sei heruntergerutscht, ich würde ihm glauben. Seid also nett zu mir.“ Darauf konnte sie sich verlassen, anders als die Hollywoodstars, die in diesem Jahr selbst jenseits der Bühne Kritik einstecken mussten.

Die „New York Times“ jedenfalls lästerte beherzt über die ihrer Meinung nach vorherrschende Monotonie auf dem roten Teppich. Selbst die Glamourösesten seien nicht dem eisernen Griff der Modedesigner entkommen: „Sie schritten den Teppich hinunter in langen Reihen aus monochromer Seide und Chiffon, und sie sahen aus wie die Reservetänzerinnen, nicht wie die Stars.“

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