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Nichts als trockener roter Staub. Flüchtlinge im Lager von Dadaab. Foto: Thomas Mukoya/Reuters

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Hungersnot: Zehntausende sind bereits gestorben

Die UN rufen am Horn von Afrika offiziell die Hungersnot aus. Islamisten sind zu Verhandlungen bereit

Was sich in diesen Wochen am Horn von Afrika abspielt, übersteigt alle bisherigen Vorstellungen. Nach Angaben der UN-Ernährungsorganisation FAO vom Mittwoch sind dort in den letzten Monaten Zehntausende Menschen an den Folgen des Lebensmittel- und Wassermangels gestorben. Die UN erklärten am Mittwoch erstmals offiziell, dass in zwei Regionen des Bürgerkriegslandes jetzt eine „Hungersnot“ wütet. Auch das bei den UN für kurzfristige Hungerhilfe zuständige Welternährungsprogramm (WFP) löste den höchstmöglichen Alarm für einen Ernährungsnotstand aus. Insgesamt bedroht die schlimmste Dürre am Horn von Afrika seit rund zwei Jahrzehnten das Leben von mehr als elf Millionen Menschen; neben den Somaliern müssen auch viele Menschen in Äthiopien, Kenia, Uganda und Dschibuti mit dem Schlimmsten rechnen. „Jeden Tag sterben Hunderte Menschen“, warnte der Generaldirektor der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation, Jacques Diouf. „Wenn wir jetzt nicht handeln, werden noch viel mehr Menschen umkommen.“ Die Uno müsse dann auch die anderen sechs Regionen Südsomalias zu Gebieten mit einer Hungersnot erklären.

Die UN sprechen von einer Hungersnot sobald bestimmte Dimensionen erreicht werden. Dazu gehört, dass mehr als 30 Prozent der Kinder an akuter Unterernährung leiden. In einigen Gebieten Südsomalias hungern inzwischen bis zu 50 Prozent der Mädchen und Jungen. Tausende Somalier fliehen täglich vor der Trockenheit. Neben Dürre und Hunger drohen am Horn von Afrika weitere Plagen, Seuchen wie die Cholera. Von Hunger und Durst gequälte Menschen sind viel anfälliger für diese Krankheiten. Zudem muss die Uno einräumen, dass sie immer noch nicht genügend Essens- und Wasserrationen sowie Unterkünfte und Medizin zusammengetragen hat, um die Menschen vor dem Tod zu bewahren. Um den Männern, Frauen und Kindern effektiv zu helfen, brauchen die UN-Organisationen Geld. So forderte die FAO einen Betrag von 120 Millionen US-Dollar für ihre Operationen. Doch noch können die UN-Helfer nicht im großen Stil zu den Opfern der Dürre in Somalia vordringen. In den vergangenen Wochen gab es nur vereinzelte Erfolge: So erreichte ein Flugzeug des Kinderhilfswerks Unicef mit Lebensmitteln das Katastrophengebiet. Anfang 2010 mussten sich die UN-Helfer zurückziehen. Der Grund: Die islamistische Al- Shabaab-Milizen, die in der Region das Sagen haben, ließen auf Helfer schießen. Seit 2008 kamen im gesamten Gebiet Somalias bereits 14 Mitarbeiter des Welternährungsprogramms ums Leben.

Jetzt erklärten die Milizen, dass sie über einen Zugang für die Helfer verhandeln wollen. Die Direktorin des Welternährungsprogramms, Josette Sheeran, betonte, wie wichtig ein Erfolg bei den Verhandlungen ist. „Nur so können Nahrungsmittel und angereicherte Spezialprodukte die am meisten Gefährdeten – vor allem Kinder – erreichen.“ Nach Angaben der UN-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos haben die Helfer und die Milizen erste Gespräche geführt. Die Britin äußerte sich jedoch nicht zu dem Stand der Verhandlungen.

Jan Dirk Herbermann

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