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Panorama: In der Verteidigung

Hackbeil-Vorwurf: Der Ex-Abgeordnete Wüppesahl hat auch Fürsprecher

Hat er einen Überfall mit Hackbeil geplant oder nicht? Der Fall Wüppesahl beschäftigt nicht nur Hamburg. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete der Grünen und frühere Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Kritische Polizisten erregt die Gemüter weit über die Hansestadt hinaus, galt er doch in den 70er und 80er Jahren als eine Art Kronzeuge aus der Polizei gegen die Polizei. Wüppesahl soll – so lautet, wie berichtet, der Vorwurf der Hamburger Staatsanwaltschaft – mit einem Komplizen einen Überfall auf einen Geldboten in dem Berliner Bezirk Friedrichshain geplant haben. Um dem Boten die Tasche entwenden zu können, die an seinem Handgelenk befestigt ist, soll Wüppesahl geplant haben, den Arm mit einem Hackbeil abzuschlagen. Ein von ihm angesprochener Exkollege, den er an der Tat angeblich beteiligen wollte, wandte sich der Justiz zufolge an die Polizei und weihte sie ein.

Nachdem sein Anwalt Gerhard Strate bereits angekündigt hatte, zu dem Vorgang werde es „zwei Versionen“ der Geschichte geben, hat sich jetzt auch ein alter Bekannter Wüppesahls, der Münchener Rechtsanwalt Thomas Etzel, vor den Verdächtigen gestellt. „Könnte das auch eine Falle gewesen sein – und wer profitiert davon?“, fragt Etzel. „Er hatte nie einen Hang zu Gewalttaten. Sein Wesen müsste sich sehr verändert haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Herr Wüppesahl einen Mord geplant haben soll.“ Es sei unvorstellbar, dass ein Mann mit Intellekt einen Raubüberfall vor einem gut besuchten Einkaufszentrum plane und dann auch noch ein Beil benutzen wolle, statt einen Bolzenschneider, um die Kette zu durchtrennen. Der kritische Polizist habe sich früher besorgt geäußert, die Polizei könne sein Telefon abhören, und gewitzelt: „Man müsste ein Bombenattentat planen und dann sehen, ob die maskierten Herren im Zimmer stehen.“ Abwegig nennt der Hamburger Staatsanwalt Bagger solche Spekulationen. Die „technische Überwachung“ des Verdächtigen sei rechtmäßig, durchgeprüft und zur Prävention auch geboten gewesen. Dass das alles nur ein schlechter Witz Wüppesahls gewesen sein könnte, lässt er nicht gelten: „Wenn es kein Scherz ist, sehen wir blöd aus.“

Wüppesahl hat sich im Laufe der Jahre mehr Feinde als Freunde gemacht. Die Grünen, die ihn aus der Bundestagsfraktion ausschlossen, sind gar nicht gut auf ihn zu sprechen. Wüppesahl gilt nicht nur ihnen als querköpfiger, wenig charmanter, rechthaberischer Streiter gegen alle und gegen alles. Auch bei der Polizei, wo er im Laufe der Jahre viele angebliche oder tatsächliche Missstände anprangerte, ist nicht auszuschließen, dass er sich einige Feinde gemacht hat.

Ist das Ganze eine Verschwörung gegen ihn? Als er im Sommer wegen einer anderen Sache verurteilt wurde, legte er das nahe. Wüppesahl, seit 1971 Polizist, arbeitete zuletzt im Betrugsdezernat des Landeskriminalamtes. Im Sommer war er nach einem Streit mit einem Lkw-Fahrer zu sieben Monaten Haft verurteilt worden: Er soll den Mann fast überfahren haben. Wüppesahl legte Revision ein und wurde vom Dienst beurlaubt.

Er sieht sich als Mobbing-Opfer: Die Polizei versuche seit Jahren, „über die Staatsanwaltschaft eine Rechnung zu begleichen“. Im Falle einer Verurteilung drohen Wüppesahl nun bis zu fünfzehn Jahre Haft.

Günter Beling[Hamburg]

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