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Im Schlaf überrascht. Retter bergen Todesopfer aus der Asche. Foto: dpa

© dpa

Indonesien: Vulkanausbruch: Der Tod kam am frühen Morgen

Mehr als 70 Menschen sind am Freitag in der bisher schwersten Eruption des indonesischen Vulkans Merapi seit 100 Jahren ums Leben gekommen. 66 Menschen wurden schwer verletzt.

Seit rund zwei Wochen ist der Vulkan Merapi nahe der indonesischen Stadt Yogyakarta wieder aktiv, schleudert Rauch und Asche in die Luft. Gestern gab es eine Eruption, die nach Angaben von Fachleuten die heftigste seit dem Jahr 1872 war. Mindestens 70 Menschen fielen dem jüngsten Ausbruch zum Opfer. Viele von ihnen kamen durch eine heiße Aschewolke um, die in den frühen Morgenstunden in die Häuser drang.

Das Sperrgebiet um den Vulkan wurde abermals vergrößert, von 15 auf 20 Kilometer. Rund 100 000 Menschen müssen inzwischen in Notunterkünften leben. Die Behörden haben teilweise große Schwierigkeiten, die Bewohner zum Verlassen der Gefahrenzone zu bewegen. Der Berg gilt vielen als heilig. Aus Sicht der Anwohner wird er von Geistern bewacht, die besänftigt werden müssen.

„Der Merapi bricht alle drei bis fünf Jahre aus und ist einer der aktivsten Vulkane in Indonesien“, sagt Thomas Walter vom Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam. Warum er jetzt deutlich heftigere Ausbrüche hat als im Vergleich zu den Eruptionen 2006 oder 2001 können auch Experten nicht genau sagen. „Was gut funktioniert, ist die Vorhersage: ob er ausbricht oder nicht“, erläutert Walter. „Wie stark ein Ausbruch ist und wie lange er dauert, ist sehr schwer einzuschätzen.“

Bereits mehrere Wochen vor dem ersten Ausbruch hatten die Geologen vor Ort eine Warnung herausgegeben. Die Flanken des Berges hatten sich um einen halben Meter gehoben – ein deutliches Zeichen dafür, dass sich im Inneren Magma sammelt. Zudem gab es mehrere Erschütterungen. Sie sind typisch, wenn sich der Gesteinsbrei den Weg nach oben „freisprengt“.

„All diese Anzeichen ließen vermuten, dass dieses Mal mehr Magma nach außen drängt und die Eruptionen heftiger ausfallen“, sagt der Potsdamer Vulkanexperte. Noch weiß keiner, ob der Ausbruch gestern das Maximum war oder ob die nächsten Tage Schlimmeres bringen. Die Geowissenschaftler vor Ort empfahlen deshalb weitere Evakuierungen.

Auf der Skala der möglichen Schäden ist trotzdem noch beängstigend viel Platz. „Aus historischen Überlieferungen wissen wir, dass der Merapi ungleich gewaltigere Ausbrüche zustande bringen kann“, berichtet Walter. „Rund 25 Kilometer entfernt befindet sich die Großstadt Yogyakarta, in der gesamten Region leben rund eine Million Menschen“, macht er deutlich.

Auch ohne einen solchen Superausbruch ist die Lage dramatisch. Herabfallende Asche hat vielen Bauern die Ernte zerstört, auf den Weiden liegt verendetes Vieh. Selbst kleinere Eruptionen können weiteren Menschen das Leben kosten. „Das ausgeworfene Material sammelt sich am Gipfel und stürzt irgendwann zu Tal“, sagt Walter. Dann donnert eine Lawine, bis zu 750 Grad Celsius heiß, herab. Sie enthält unzählige Aschepartikel, die deutlich kleiner als ein Millimeter sind. Diese Partikel dringen durch kleinste Ritzen und führen letztlich zu einem qualvollen Erstickungstod.

Die Ascheschichten, die sich an den Berghängen angehäuft haben, sind nicht weniger gefährlich. Die Regenzeit hat begonnen: Je mehr Wasser auf die erstarrten Lavafetzen fällt, umso größer ist die Gefahr für „Lahare“. Das sind Schlammströme, die mit teilweise mehr als 100 Kilometer pro Stunde durch die Täler schießen und fast alles wegreißen, was ihnen im Wege steht. „Lahare sind nicht nur direkt am Vulkan ein Problem, sie reichen teilweise bis zur Küste“, sagt Walter. Und sie sind nicht nur während eines Ausbruchs denkbar, sondern können sich während der gesamten Regenzeit, also Wochen oder Monate später, losreißen.

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