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Zugunglück

© dpa

Italien: Mindestens neun Tote bei Zugunglück in Südtirol

Bei einem schweren Zugunglück in Südtirol sind am Montag mindestens neun Menschen ums Leben gekommen, mindestens 28 weitere wurden verletzt. Ein Regionalzug wurde in der Nähe von Meran von einem Erdrutsch erfasst und entgleiste. Schuld soll eine geplatzte Wasserleitung sein.

Mindestens neun Tote, 28 Verletzte – an der Unfallstelle 20 Kilometer westlich von Meran stehen die Verantwortlichen fassungslos. „Es muss eine Sache von ganz wenigen Minuten gewesen sein, komplett unvorhersehbar“, sagt Helmuth Moroder von der Südtiroler Bahn: „Zwei Minuten zuvor ist ein Zug in der Gegenrichtung hier durchgefahren, da war noch überhaupt nichts passiert.“

Es ist Montag früh, kurz nach neun Uhr. Im Vinschgau, an einer Engstelle des Etschtals, rutschen etwa 400 Kubikmeter Fels und Schlamm zu Tal. Auf einer Breite von zehn bis 15 Metern überfallen sie den regionalen Pendlerzug R 108, der Schüler und Berufstätige nach Meran bringen soll. Der erste der drei Wagen wird von der Mure komplett erfasst; Schlamm dringt durch die geborstenen Fenster ein. Nur einige kräftige Bäume verhindern, dass der gesamte Zug in die Etsch stürzt.

Die eingleisige Strecke gilt als die modernste, die durch das technisch ohnehin hochmoderne Südtirol führen. „Unglaublich“, sagt Bahnchef Moroder: „Es war sogar ein automatisches Blockiersystem an Bord, das den Zug in solchen Fällen hätte stoppen sollen.“ Warum das System nicht angesprungen ist, soll nun die Untersuchung des ebenfalls beschädigten Fahrtenschreibers klären.

Erste Hypothesen zur Ursache des Erdrutsches gibt es, Ludwig Nössing als oberster Geologe Südtirols hat sie am Montag bekräftigt: Über der Bahnstrecke soll vor zwei Tagen das Rohr eines landwirtschaftlichen Bewässerungssystems geborsten sein; der Hang soll sich mit Wasser vollgesogen haben und dadurch in Bewegung geraten sein. In dem engen, schluchtartigen Talabschnitt gestalteten sich die Rettungsarbeiten schwierig. Feuerwehrleute und Hilfstrupps konnten nur mit Mühe zum Unfallort vordringen; zum Teil gruben sie die Verschütteten dann mit den Händen aus. Landeshauptmann Ludwig Durnwalder sprach von der „zweifellos schlimmsten Bahntragödie“, die sich in Südtirol jemals ereignet habe. Der Präsident des italienischen Geologen-Verbandes, Pietro de Paola, sagte, solche Unfälle ereigneten sich „immer dort, wo das Gelände in unvernünftiger Weise genutzt wird.“ Erdrutsche gehören in Italien zu den häufigsten Katastrophen. Abholzung, Schwarzbauten, Vernachlässigung oder rücksichtlose Nutzung von Hanglagen lassen bei Regenfällen immer wieder Muren entstehen. Seit mehr als vier Wochen ist zum wiederholten Male eine Hauptstrecke komplett verschüttet – die Ost-West-Verbindung zwischen der tyrrhenischen und der adriatischen Küste nördlich von Neapel.

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