zum Hauptinhalt

Panorama: Italien wird zur Gefahr für Europa

Angst vor Neuauflage der Schuldenkrise im Euro-Raum / Große Koalition oder Neuwahlen in Rom.

Berlin - Nach der Parlamentswahl in Italien droht der Euro-Zone erneut eine Zerreißprobe. Angesichts der unklaren Mehrheitsverhältnisse in Rom wuchs in den EU-Hauptstädten die Sorge, dass Italien den vom scheidenden Ministerpräsidenten Mario Monti eingeschlagenen Reformkurs wieder verlassen und die Schuldenkrise erneut aufflammen könnte. Euro-Gruppenchef Jeroen Dijsselbloem bezeichnete den Ausgang der Wahl als „wenig erfreulich“.

Bei der Parlamentswahl hatte der Sozialdemokrat Pier Luigi Bersani, der lange Zeit als Favorit gegolten hatte, eine Mehrheit verfehlt. Zwar erreichte Bersanis Mitte-links-Bündnis wegen eines zusätzlichen Stimmen-Bonus die absolute Mehrheit der Mandate im Abgeordnetenhaus. Im gleichberechtigten Senat verpasste die Mitte-links-Allianz aber die absolute Mehrheit. Damit ist Bersani auf Mehrheitsbeschaffer aus den anderen politischen Lagern angewiesen – entweder dem konservativen Bündnis von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi oder der Anti-Establishment-Bewegung des Komikers Beppe Grillo. Während Berlusconi eine große Koalition mit Bersanis Bündnis ins Gespräch brachte, deutete Grillo die Bereitschaft für eine parteiübergreifende Zusammenarbeit an. „Wir sind eine Bewegung der Ideen, nicht des Protests“, sagte Grillo. Angesichts der drohenden politischen Blockade könnte es auch zu Neuwahlen kommen.

Berlusconi und Grillo haben ihr gutes Abschneiden bei der Wahl vor allem ihrer scharfen Kritik am Sparkurs zu verdanken, den Monti wegen der zunehmenden Zweifel der Kapitalmärkte an Italiens Reformfähigkeit durchsetzen musste. Bersani hatte im Wahlkampf versprochen, Montis Reformkurs fortzusetzen. Angesichts der Patt-Situation stiegen am Dienstag die Zinsen italienischer und spanischer Staatsanleihen. Der Euro sank auf den tiefsten Stand seit Mitte Januar.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, die Politiker in Rom hätten die Verantwortung, die richtigen Entscheidungen zu treffen. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sagte bei einer Abendveranstaltung in Potsdam: „Bis zu einem gewissen Grade bin ich entsetzt, dass zwei Clowns gewonnen haben.“ Einer davon sei Grillo, der andere „definitiv ein Clown mit einem besonderen Testosteron- Schub“. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn bezeichnete die drohende Blockade in Italien als „Katastrophe für den Euro und die EU“. Angesichts des guten Abschneidens Berlusconis und Grillos bezweifle er, „dass Italien den Weg aus der Krise findet“, sagte er dem Tagesspiegel. mit rtr

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false