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Jesuiten-Schulen: Missbrauchsskandal: Rektor tritt zurück

Der Skandal um sexuellen Missbrauch an Jesuiten-Schulen in Deutschland hat erste personelle Konsequenzen. Der Rektor des Bonner Aloisius-Kollegs, Pater Theo Schneider, trat mit sofortiger Wirkung zurück.

Das teilte die Deutsche Provinz der Jesuiten am Montagabend in München mit. Er wolle damit eine "lückenlose Aufklärung aller im Raum stehenden, einschließlich der gegen seine eigene Person gerichteten Vorwürfe" ermöglichen. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, will sich aktuell nicht zu dem Missbrauchsskandal äußern.

Nach Einschätzung des CDU-Politikers Heiner Geißler trägt die Kirche mit ihrer "Erziehung zu einer verklemmten Sexualität" viel Schuld an den jetzt bekanntgewordenen Missbrauchsfällen. Das sagte er dem WDR am Dienstag in der Sendung "eins zu eins". Geißler war Schüler am Kolleg St. Blasien im Schwarzwald, in dem unter anderem Missbrauchsfälle bekanntgeworden waren. Später war der Novize im Jesuitenorden.

Der Politiker sagte dem Sender zu den Missbrauchsfällen: "Ich habe so etwas nie erlebt und von so etwas auch nie gehört, ich würde sagen, das, was da aufgedeckt wurde, ist atypisch für den Jesuitenorden. Das Neue ist, und das ist etwas Positives, dass die Führung der Jesuiten in die Öffentlichkeit gegangen ist, das muss ein Vorbild sein für die Katholische Kirche, die immer eine Vertuschungspolitik betrieben hat." Die Kirche müsse endlich den Zölibat abschaffen. In den Priesterseminaren müsse über die Sexualitätsfrage offen geredet werden, "sonst kriegen wir noch mehr dieser Vorfälle".

Eine Sprecherin der Bischofskonferenz sagte am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur dpa in Bonn, die Bischofskonferenz werde sich auf ihrer Frühjahrsvollversammlung vom 22. bis 25. Februar in Freiburg mit den Berichten über sexuellen Missbrauch beschäftigen. Papst Benedikt XVI. hatte am Montag allgemein die Verletzung der "Rechte des Kindes" verurteilt. Leider hätten "auch einige Kirchenmitglieder diese Rechte verletzt".

Der Nachfolger eines unter Missbrauchverdacht geratenen Paters im Bistum Hildesheim hat jahrelang zu den ihm bekannten Vorwürfen geschwiegen. Er habe seinen Vorgänger als sehr schwierigen Menschen erlebt, einen echten Eigenbrötler. "Ich wusste, dass es um Missbrauchsvorwürfe ging", sagte der Diakon der Katholischen Gemeinde "Guter Hirt", Wilfried Otto, laut Spiegel-Online. Er hätte "die Bombe damals platzen lassen sollen", sei aber zum Schweigen angewiesen worden. Auf Nachfrage war der Diakon, der 1997 die direkte Nachfolge des Paters antrat, am Dienstag nicht zu erreichen.

Von allen drei deutschen Jesuiten-Gymnasien - dem Canisius-Kolleg in Berlin, St. Blasien im Schwarzwald und dem Bonner Aloisius-Kolleg - sowie einer ehemaligen Ordensschule in Hamburg sind Missbrauchsfälle bekannt. Die meisten ereigneten sich in den 70er und 80er Jahren. Die Zahl der Opfer summiert sich auf etwa 40.

Zwei frühere Patres des Berliner Kollegs sollen sich an Schülern vergangen haben. Ein dritter Geistlicher, der Anfang der 70er Jahre auch in Berlin unterrichtete, gestand sexuelle Übergriffe auf Jugendliche in Hannover. Inzwischen wurden auch Missbrauchsfälle in anderen kirchlichen Einrichtungen bekannt. Bundesweit sollen nach einem Bericht des "Spiegel" fast 100 Mitarbeiter der katholischen Kirche in den vergangenen 15 Jahren unter Verdacht geraten sein. (dpa)

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