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Panorama: Kachelmanns Helfer

Wie gelangten intime Details an die Öffentlichkeit?

Berlin/Mannheim - Wer hat die Medien mit aktuellen Details aus den Ermittlungsakten im Fall Jörg Kachelmann versorgt? Vieles spricht dafür, dass die jüngsten, den in Mannheim inhaftierten Kachelmann eher entlastenden Informationen zu einem Glaubhaftigkeitsgutachten des angeblichen Vergewaltigungsopfers aus dem direkten Umfeld des Wettermoderators stammen. Möglicherweise waren es sogar Kachelmanns Anwälte selbst: Wie der „Spiegel“ jetzt bestätigte, hätten die Anwälte die detailreichen, auf das Intim- und Privatleben ihres Mandanten eingehenden Veröffentlichungen des Magazins bisher jedenfalls nicht beanstandet – anders als zuvor Berichte in „Focus“ oder „Bild“.

Kachelmanns Medienanwalt Ralf Höcker wollte sich dazu auf Anfrage des Tagesspiegels nicht äußern: „Bis zu einer Entscheidung des Gerichts sagen wir gar nichts mehr zu dem Thema.“ Zuvor hatte er den Ermittlern vorgeworfen, mit „blindem Jagdeifer, schlampiger Ermittlungsarbeit, unseriösen Verfahrenstricksereien und skandalöser Schwatzsucht“ den Ruf des bekannten Moderators zerstört zu haben. Dies gelte auch für das Leben des angeblichen Opfers, das sich „in eine fatale Lüge verstrickt“ habe und nun „irrig“ meine, an dieser festhalten zu müssen.

Kachelmann, der zurzeit in Untersuchungshaft sitzt, drohen mindestens fünf Jahre Haft, weil er seine frühere Freundin mit einem Messer in der Hand vergewaltigt haben soll. Seine Anwälte werfen den Ermittlern vor, den Fernsehmann mit einer verfrühten Anklage vorverurteilt zu haben. Sie hätten erst das Gutachten der Bremer Psychologin Luise Greuel abwarten müssen, das nach dem „Spiegel“-Bericht die Aussage der Ex-Geliebten in Zweifel zieht.

Das Landgericht Mannheim will nächste Woche über einen Antrag entscheiden, Kachelmann zumindest vorläufig freizulassen. Die Mannheimer Staatsanwaltschaft betonte, die Anklage stehe oder falle mit den Aussagen der Zeugin, nicht mit dem Gutachten. Die Psychologin Greuel sagte jetzt dem Tagesspiegel, sie äußere sich nie zu laufenden Ermittlungen.

Mit dem „Spiegel“-Bericht ist die Voraberörterung von Kachelmanns Schuld oder Unschuld in eine neue Phase getreten – und dass allein die Staatsanwälte mit ihrer „skandalösen Schwatzsucht“ daran schuld sein sollen, wird man bezweifeln dürfen.

Das von der Psychologin Luise Greuel erstellte Gutachten ist schließlich geeignet, den Anklagevorwurf zu konterkarieren. Von sexuellen Gewohnheiten bis zu Einzelheiten der Tat und anschließender Vernehmungen wird dafür jetzt ausgreifend geschildert, was die Akten hergeben. Eine öffentliche Beweiswürdigung, wie sie in Strafverfahren in diesem Stadium selten sind. Und sie sieht Kachelmann wieder in günstigerem Licht.

Zuvor hatte Medienanwalt Höcker noch genau dies der Presse vorgeworfen: „Ermittlungsakten gehören ganz einfach nicht in die Öffentlichkeit und Ermittlungsverfahren werden immer noch vor Gericht und nicht in den Medien geführt“, kommentierte er seine juristische Gegenwehr. Verfrühte Spekulationen zum Tathergang und zur Schuldfrage könnten das Bild eines Beschuldigten in der Öffentlichkeit massiv beeinträchtigen. Eine Sorge, die Kachelmann und seine Anwälte nun nicht mehr zu haben scheinen.

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