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Panorama: Kein Mond über Treptow

Warum die Berliner Sternengucker trotzdem glücklich sind

Der Mond fasziniert die Menschen schon immer und hat bis heute nichts von seiner Anziehungskraft eingebüßt: Zur totalen Mondfinsternis in der Nacht zum Mittwoch versammelten sich Schaulustige aus ganz Berlin in der Archenhold-Sternwarte in Treptow, um das faszinierende Naturschauspiel gemeinsam mit den Experten anzusehen. „Ich interessiere mich sehr für Astronomie, aber meistens ist eine Mondfinsternis immer so spät. Die Gelegenheit wollte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen“, begründet Student Sven Engesser die Gründe für sein Kommen. Hobbyastronomen jeden Alters trafen sich, um unter fachkundiger Anleitung die Verfinsterung des Himmelskörpers zu beobachten. Einige junge Paare zog sicherlich auch die besondere Stimmung an, die eine Mondfinsternis in einer warmen Frühjahrsnacht verspricht.

Eine totale Verdunklung des Mondes, so erklärte Sternwartendirektor Dieter Herrmann, entsteht, wenn Sonne, Erde und Mond exakt auf einer Linie und gleichzeitig auf der gleichen Ebene liegen. Nur dann kann der Mond vollständig in den kegelförmigen Schatten der Erde eintauchen, in die so genannte Totalität. Das Phänomen ist an sich nicht selten, doch ist die Mondfinsternis meist nur partiell, der Erdschatten verdeckt den Mond also nur teilweise.

Dem Mond wurde schon immer ein großer Einfluss auf unser Leben zugeschrieben, erläutert Herrmann. Obwohl diese Einflüsse größtenteils wissenschaftlich widerlegt sind, sei der Aberglaube noch immer nicht komplett verschwunden. So gelten Schlafwandler noch heute als mondempfindlich.

Ganz sicher nicht nachgelassen hat der Reiz, den der Mond auf uns ausübt: Als Direktor Herrmann kurz vor 22 Uhr über die Sichtverhältnisse informiert wird, macht er es spannend. Ob der Mond zu sehen sei, könne er noch nicht sagen, „aber Jupiter steht klar und deutlich im Fernrohr“. Diese Ankündigung reicht aus, um das aufgeregte Publikum aus dem Vortragssaal in den Garten des Planetariums zum Teleskop zu treiben. Eine lange Schlange drängelt sich in den kleinen Bau, um einen Blick durch die Linse zu werfen. Durch die Lichtbrechung in der Erdatmosphäre würde der Mond kupferrot leuchten, hatte Dieter Herrmann zuvor erklärt.

Noch versteckt sich der Mond zwar hinter der Wolkendecke und ist nicht zu sehen. Die Wolkendecke reißt aber immer wieder auf und gibt den Blick frei auf Jupiter und einige seiner vielen Monde, die neben der hell strahlenden Jupiterkugel aussehen wie Perlen, die an einer Schnur aufgereiht sind. Den Jüngeren unter den Besuchern hat es besonders das große Teleskop angetan, das ein Mitarbeiter bereitwillig wieder und wieder erklärt. Als der Mond um 23 Uhr 08 wieder aus dem Erdschatten austritt, hat zwar niemand in Berlin die Mondfinsternis gesehen: Dieses Vergnügen blieb den Sternenfans im äußersten Osten Deutschlands vorbehalten. Und zum Beispiel den Menschen in Pakistan – dort strahlte der Mond in warmen Rottönen besonders schön. In Südostanatolien hat das Schauspiel dagegen eine Schießerei ausgelöst. Wie türkische Medien berichteten, schossen viele Bewohner der Region mit scharfen Waffen auf den Mond. Sie folgten damit einem Brauch, wonach der Mond so vor dem Verschwinden gerettet werden soll.

Peter Bihr

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