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Panorama: Knut, Kissinger und Kanzlerin Ein New-York-Abend mit der American Academy

In dieser Woche ist die Gegend um New Yorks Carnegie Hall in Berliner Hand. Draußen werben Plakate für die Auftritte der Philharmoniker im Rahmen der einwöchigen Kulturtage „Berlin in lights“, drinnen zaubern Bilder des tapsigen Eisbären Knut Lächeln in die Gesichter.

In dieser Woche ist die Gegend um New Yorks Carnegie Hall in Berliner Hand. Draußen werben Plakate für die Auftritte der Philharmoniker im Rahmen der einwöchigen Kulturtage „Berlin in lights“, drinnen zaubern Bilder des tapsigen Eisbären Knut Lächeln in die Gesichter. Es sind nur noch wenige Tage bis Thanksgiving. Das Erntedankfest ist den Amerikanern heiliger noch als Weihnachten. Es öffnet Herzen und Portemonnaies. Wer eine gute Ernte eingefahren hat, gibt nun den Dank zurück an die Gesellschaft.

Berlin schenkt New York Kultur, und die Wohlhabenden der Stadt schenken bei einem Benefizabend in der Carnegie Hall Geld für eine junge Berliner Institution, die American Academy. Fast alle im Raum haben eine Verbindung nach Berlin: als Rechtsanwälte, Manager deutsch-amerikanischer Firmen oder durch Geburt. Als die US-Soldaten, die West-Berlins Freiheit über Jahrzehnte geschützt hatten, 1994 abzogen, hatten weitsichtige Geister wie US- Botschafter Richard Holbrooke und Ex- Außenminister Henry Kissinger die Idee: Das enge Band über den Atlantik bleibt auch nach dem Sturz des Kommunismus wichtig. Freundschaft will aber gepflegt werden. Die jüdische Bankerfamilie Arnhold, von den Nazis aus Berlin vertrieben, stiftete die elterliche Villa am Wannsee. Das Haus am Sandwerder ist heute ein Ort des Austauschs, was Deutschland und Amerika voneinander lernen können: kulturell, politisch, wirtschaftlich.

Der Benefizabend illustriert diesen Geist. Das Scharoun-Ensemble führt „Wir küssen Ihnen tausendmal die Hände“ auf, eine „Hommage an Mozart“, die Stephen Hartke als Stipendiat in Berlin komponiert hat. Jahr für Jahr transportiert ein Komponist auf diesem Weg seine Berliner Impressionen in die USA. Ein neuer Gönner hat ein Stipendium gestiftet, das jedes Jahr einen „Fiction“-Autor nach Berlin einlädt. Wissenschaftler und Journalisten nutzen die Zeit in Berlin, um Politikansätze, etwa im Umgang mit Einwanderern, zu vergleichen.

Intellektuelle und Künstler „stehen nicht gerade im Ruf, den jeweils praktischsten Weg zu finden“, scherzt Henry Kissinger, der Redner des Abends. Aber mit der American Academy hätten sie „den besten Weg gefunden, das emotionale Band zwischen Berlin und Amerika zu bewahren“. Wie wichtig dieses Zusammengehörigkeitsgefühl ist, erzählt er am eigenen Beispiel. 1923 ist er in Fürth geboren, vor den Nazis geflohen und „ein guter Amerikaner geworden“. Doch „jedes Wochenende suche ich nach den Fußballergebnissen, vor allem wie die Spielvereinigung Fürth gespielt hat, auch heute noch, nach mehr als 70 Jahren“.

Der Abend erhöht das Stiftungskapital um eine halbe Million Dollar, das soll ihnen in Berlin erst mal einer nachmachen. Als Andenken nehmen die Spender ein englisches Kinderbuch über den Eisbären Knut mit nach Haus. In der American Academy wird am Montag Angela Merkel sprechen, es ist der erste Kanzlerbesuch. Die Institution wächst und gedeiht.

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