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Knut

© dpa

Knut und die Karpfen: Darf ein niedliches Tierbaby ein grausames Raubtier werden und Fische fangen?

Keine Sorge: Knut geht es offenbar prächtig.

Im Berliner Zoo sieht Knut gar nicht ein, ’ne Flocke zu machen. Im Gegenteil: „Ihm geht es super, ein Zeichen dafür, dass wir wohl alles richtig gemacht haben“, sagt Ronny Henkel, einer der drei Hauptpfleger des Berliner Bären. Auch Sorgen, dass Knut auf seiner Anlage vereinsame und unterbeschäftigt sei, müsse man sich nicht machen, sagt Henkel. Eine besondere Abwechslung in seinem Zooleben war aber der Fischzug, den der Eisbär jüngst in seinem Wassergraben unternahm.

Einige Besucher beobachteten das entsetzt. Alles, was sich auf den paar Quadratmetern Gehegefläche tut, wird auch ein gutes Jahr nach dem ersten öffentlichen Auftritt von Knut immer noch mit neugierigen Augen beobachtet. Was war geschehen?

Zoomitarbeiter hatten Karpfen, die sonst bei den Löwen, im Tigergehege und bei den Flusspferden die Algen von Grund und Scheiben abfressen, in Knuts Wassergraben umgesetzt. Das war keineswegs eine Entscheidung des derzeit sehr umstrittenen Zoodirektors Bernhard Blaszkiewitz, sondern ein selbstständiger Entschluss eines Pflegers. Was sich dann vor den Augen der Zoobesucher abspielte, vermeldete „Spiegel Online“ minutiös: „Zu seiner Freude fand Knut genau vor seiner Nase einen Schwarm lebender Karpfen“. Besucher schildern, wie er Fisch nach Fisch mit den Vorderpfoten festhielt, sie mit der Tatze durch die Luft schleuderte, und die Fische über Land hüpften, bis Knut sie tötete.

Darf ein Eisbär, den die Öffentlichkeit als niedliches und friedliches Tierbaby liebgewonnen hat, später ein Raubtier werden, das Fische fängt? Jeden Fisch hat er seinem Instinkt folgend aus dem Wasser gefischt. Da haben sich einige Pfleger gar augenzwinkernd über das Geschick ihres Ziehkindes gefreut. In Boulevardmedien wurde Knut sogleich als „Karpfen-Killer-Knut“ verfemt. Zoo-Fachleute wie Pfleger Henkel und Bärenkurator Heiner Klös ärgern sich darüber:

Da malten Tierschützer anfangs den Teufel an die Wand und sagten, das handaufgezogene Tier sei verhaltensgestört. Und dann macht ein Eisbär das, was seine Natur ist, fängt seine Nahrung, und schon gibt es einen Aufschrei.

Nach dem Tierschutzgesetz ist die Fütterung von Wirbeltieren mit lebenden Wirbeltieren verboten. So etwas darf im Zoo nicht passieren – aber klammheimlich sind doch einige stolz, dass der friedliche Bär das geschafft hat – obwohl ihn Pfleger Thomas Dörflein, anders als Eisbärenmamas in freier Wildbahn, die Fischjagd gar nicht lehrte.

Das hat ein Eisbär eben in den Genen.

Annette Kögel

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