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Haendedruck

© AFP

Körpersprache: Der Kleine und der Große

Hat Obama seine Körpersprache trainiert, oder ist das alles authentisch? Was der Händedruck des US-Präsidenten alles verrät. Experten über die Fotos einer Begegnung.

Von Andreas Oswald

Wer ist der Stärkere? Es gibt kein besseres Indiz dafür als die Körpersprache. Als US-Präsident Barack Obama und der russische Präsident Dmitri Medwedew am Mittwoch in London zusammentrafen und sich vor den Kameras der Weltpresse die Hand gaben, wurde das sehr deutlich. Obama greift beherzt die Hand Medwedews, umfasst sie fast vollständig. Medwedews Hand liegt obenauf, eingebettet in die großen Pranken des anderen.

„Es ist klar, wer der Gewinner ist“, sagt Lars Cords, Berlin-Chef der PR-Agentur Fischer Appelt Kommunikation. Obama zeige eine starke, haltende Hand, während Medwedew in der beschützenden Hand des US-Präsidenten liege. „Obama ist der Selbstsichere, während Medwedew mit seiner verhaltenen Mimik unsicherer wirkt.“ Die Fotos zeigten deutlich, „wer wen in der Hand hat“.

Auch für Jochen O. Keinath, Performance-Coach und Experte für politische Kommunikation, wird in der Szene eine klare Hierarchie deutlich. „Ein völlig entspannter Obama, der eine ganz natürliche körperliche Achse hat, trifft auf einen etwas schiefen, verspannten Medwedew.“ Keinath weist aber darauf hin, dass Medwedews Körperhaltung von Obama zumindest in Teilen provoziert wurde. Obama reiche die Hand auf eine Weise, dass Medwedew seine Hand flacher halten muss, und das schaffe der nur, wenn er seinen Körper ein wenig verdrehe. Zusammen mit einem leicht zur Seite geneigten Kopf zeigt sich für Keinath „eine Geste der Unterwerfung“. Für den Körpersprachenexperten ist klar: „Hier redet eine Nummer eins mit einer Nummer zwei.“

Obama hat einen taktischen Vorteil, auf den auch Mario Münster, Experte der Agentur Johanssen + Kretschmer Strategische Kommunikation, hinweist. „Obamas Oberkörper ist in Richtung der Kameras ausgerichtet, was ihn offen und souverän erscheinen lässt. Medwedew wendet sich mit dem gesamten Körper Obama zu. So zeigt er den Kameras die kalte Schulter und wirkt auf den Betrachter folglich eher ablehnend.“ Verstärkt werde dieser Eindruck dadurch, dass Obama auf der Seite sitzt, auf der die rechte Grußhand von hinten kommt. Dies wirke auf dem Bild ungleich offener und umarmender als bei Medwedew, der schon wegen seiner Sitzposition sehr unglücklich eher eine abweisende Bewegung mit seinem rechten Arm machen muss. „Das Resultat: der Betrachter fühlt sich ausgegrenzt.“

Eine Frage stellt sich: War diese Szene von Obama gezielt für diese Situation inszeniert, vorbereitet, gar trainiert? Die Experten halten das für unwahrscheinlich. Lars Cords glaubt eher an einen persönlichen Charakterzug Obamas, der hier deutlich werde. Mario Münster weist zwar darauf hin, dass ein guter Presseagent solche Positionierungen im Vorfeld bedenkt und seinen Chef dementsprechend vorteilhaft platziert. Bei Obama aber könnte es auch anders sein. „Das Bemerkenswerte bei Obama ist, dass seine Mimik stets authentisch und nicht antrainiert wirkt. Er muss sich nicht verstellen. Auf dem Bild mit Medwedew scheint Obama sein Gegenüber mit seiner souveränen Körpersprache fast zu erdrücken. Obamas Lachen ist offen, authentisch und umspielt sein gesamtes Gesicht. Medwedews Lachen wirkt einstudiert, weniger offenherzig, geradezu angestrengt.“

Auch Jochen O. Keinath sagt zu der Frage, ob Obama möglicherweise vorher trainiert habe: „Das braucht er nicht. Eher hätte sich Medwedew besser vorbereiten und trainieren müssen, wo er doch weiß, dass er auf einen in allen Lagen selbstsicheren, ausgeglichenen Obama treffen würde, der sich auch hier genau so verhält, wie man es von ihm kennt.“

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