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Panorama: Kontakt zu Außerirdischen

Erst herrscht Funkstille – dann telefoniert die Kanzlerin mit dem deutschen Astronauten Hans Schlegel

Berlin - Sechs Astronauten in blauen Overalls sitzen brav nebeneinander – mehr als 300 Kilometer von der Erde entfernt. Zu sehen sind sie auf einer großen Leinwand mitten in Berlin. Vor ihnen steht die Bundeskanzlerin. Doch ein Ton kommt nicht – Angela Merkel ist irritiert. Einen Telefonanruf ins Weltall macht man nicht jeden Tag.

Dann steht die Sprachverbindung zur internationalen Weltraumstation ISS. Die Kanzlerin wendet sich an den deutschen Astronauten Hans Schlegel: Sie möchte wissen, ob mit dem neuen europäischen Wissenschaftslabor „Columbus“ alles in Ordnung ist. „Es ist wunderbar angedockt“, antwortet Schlegel. Dann wechselt Merkel schnell das Thema: „Macht es eigentlich mehr Spaß, wenn eine Frau mit an Bord ist?“, scherzt Merkel, in Anspielung auf die einzige Astronautin in der Station. Die Zuschauer im Wirtschaftsministerium, in das die Live-Schaltung übertragen wird, lachen. Auch Schlegel muss schmunzeln, bleibt aber sachlich: „Es ist immer gut, ein gemischtes Team zu haben“, erklärt der 56-jährige Weltraumfahrer.

Am Montag war Schlegel mit der US-Raumfähre „Atlantis“ auf der Raumstation angekommen – mit an Bord das 13 Tonnen schwere High-Tech-Labor „Columbus“. Mehr als 880 Millionen Euro haben sich die Mitgliedstaaten der europäischen Weltraumbehörde Esa das Labor kosten lassen. Die Führungsrolle bei der Entwicklung der Forschungsstation übernahm Deutschland. Das Weltraumlabor wurde in Bremen gebaut, Aufträge von 450 Millionen Euro gingen dafür an die deutsche Industrie. Von Oberpfaffenhofen bei München aus wird die Weltraumeinrichtung kontrolliert: Ein Team von 75 Mitarbeitern wacht rund um die Uhr über die Mission. In den kommenden zehn Jahren sollen in dem Labor winzige Einzeller, später sogar kleine Tiere beim Leben in der Schwerelosigkeit untersucht werden. Die Tierchen werden dafür eigens durchs All transportiert.

Bei seinem ersten Weltraumspaziergang in der Nacht von Mittwoch zu Donnerstag installierte Schlegel mit einem US-Kollegen einen neuen Stickstofftank für das Kühlsystem an der Außenwand der ISS: Der Tank ist so groß wie ein Familienkühlschrank und würde auf der Erde mehr als 100 Kilo wiegen. Nach sechs Stunden und 45 Minuten kehrten die beiden Astronauten in die Raumstation zurück, die mit fast 28 000 Stundenkilometern die Erde umkreist. Hans Schlegel ist nach Thomas Reiter erst der zweite Deutsche, der sich frei im All bewegte. Nach dem erfolgreichen Außeneinsatz am Mittwoch steht am heutigen Freitag ein weiterer Ausflug in die Weiten des Weltraums auf dem Programm.

Ursprünglich sollte das 880-Millionen-Labor bereits 2004 ins All starten. Weil jedoch die US-Raumfähre „Columbia“ 2003 explodierte, stellte die amerikanische Luft- und Raumfahrtbehörde Nasa umgehend alle Weltraumflüge für mehrere Jahre ein: Bei dem Absturz kamen damals alle sieben Besatzungsmitglieder ums Leben. Ein weiterer Start war für den 6. Dezember vergangenen Jahres vorgesehen, musste aber wegen defekter Sensoren immer wieder verschoben werden. Mit der US-Raumfähre „Atlantis“ konnte das Labor dann Donnerstag vergangener Woche nach jahrelangem Warten endlich ins All gebracht werden – sehr zur Erleichterung der deutschen Weltraumforscher.

Nach dem erfolgreichen Einsatz von Schlegel, war auch Bundeswirtschaftsminister Michael Glos sichtlich erfreut: Das Labor sei eine „Meisterleistung der deutschen Ingenieurkunst“, sagte Glos. Der Weltraumflug stehe nach Ende des Kalten Kriegs für die „friedliche Nutzung des Weltraums“, erklärte der Minister. Er kündigte an, die deutschen Ausgaben für die europäische Raumfahrt von 943 Millionen Euro im Jahr 2007 auf rund eine Milliarde Euro für 2009 zu erhöhen.

Wann der Weltraumfahrer Schlegel wieder festen Boden unter Füßen haben wird, ist noch nicht klar. Eine Rückkehr zur Erde ist frühestens für den 19. Februar vorgesehen.

Tobias Fleischmann

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