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Kreuzfahrt: Bizarre Handtuchschlacht unter Briten

"Wir brauchen dieses germanische Verhalten hier nicht“: Mit diesem kleinen Witz über eine unangenehme Angewohnheit von Urlaubern hat der Kapitän eines britischen Kreuzfahrtschiffs Streit gestiftet.

Von Markus Hesselmann

Deutschland wurde beleidigt. Die britische Gleichstellungs- und Menschenrechtskommission ist eingeschaltet. Der Übeltäter musste sich öffentlich entschuldigen. „Rassismusstreit bricht aus“, titelt das Massenblatt „Daily Mail“. Auch andere Zeitungen berichten über den Fall. Was ist geschehen? Was bringt Britannien derart in Wallung? „Wir brauchen dieses germanische Verhalten hier nicht“, hatte Christopher Wells, Kapitän des Kreuzfahrtschiffs „Oceana“, über Lautsprecher seine 2000 Passagiere auf einer Fahrt in die Karibik wissen lassen. Mit einem kleinen, typisch britischen Witz wollte er verhindern, dass immer wieder Sonnenliegen am Pool mit Handtüchern für ganze Tage reserviert wurden. Ein Passagier fand die Bemerkung nicht komisch, sondern fremdenfeindlich und beschwerte sich. Die Presse erhielt einen Hinweis, die Kommission ebenfalls, der launige Spruch wurde zum Rassismusfall. „Die Gleichstellungs- und Menschenrechtskommission hat eine Untersuchung eingeleitet wegen des Vorwurfs, dass die deutsche Nation verunglimpft wurde“, schreibt die „Daily Mail“ süffisant. Die Kommission bestätigte gestern auf Nachfrage, dass sie informiert worden sei, wollte aber nichts Näheres dazu mitteilen. Eine Sprecherin des Kreuzfahrtveranstalters P&O sagte, Kapitän Wells habe niemanden verletzen wollen. Er habe nichts gegen die Deutschen, seine Frau sei selbst Deutsche.

Hinter der ganzen Aufregung steckt ein Lieblingsmythos der Briten: der „towel war“ (Handtuchkrieg). Aus der Angewohnheit einiger deutscher Mallorca- Urlauber, frühmorgens am Pool Sonnenliegen mit Badetüchern zu reservieren und etwas länger schlafende Briten um ihre Urlaubsbräune zu bringen, ist auf der Insel eine Legende geworden. Eine sichere Wahl für Comedysendungen, Werbespots oder Zeitungskolumnen, in denen Deutschland vorkommt.

Dieser Fall ist allerdings komplizierter: Es sei unwahrscheinlich, dass auf dem Schiff überhaupt deutsche Passagiere gewesen seien, sagte die P&O-Sprecherin. Eine deutsche Rezeptionistin, von der „Daily Mail“ als mögliches beleidigtes Opfer ausgemacht, habe ihr gesagt, dass sie die Bemerkung in Wirklichkeit lustig fand. Die Beschwerde über den Kapitän sei in jedem Fall von einem britischen Passagier gekommen. Um dieses Detail drücken sich die britischen Zeitungen: Da hat ein Brite den britischen Humor nicht verstanden. Noch dazu in einem „towel war“ ganz ohne deutsche Beteiligung. Ein Bürgerkrieg am Pool. Eine Handtuchschlacht unter Briten. Eine unangenehme Wahrheit.

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