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Kriminalität: Autodiebe bevorzugen Luxus

Der BMW X5 ist ein echter Exportschlager bei den international organisierten Banden. Besonders nach Osteuropa, Afrika und in den Nahen Osten werden Nobel-Karossen im Auftrag verschachert.

Berlin/München - Eigentlich könnten Autobesitzer wieder ruhiger schlafen: Von Deutschlands Straßen verschwinden täglich nur noch rund 140 Kraftfahrzeuge. In den kriminellen Spitzenzeiten wenige Jahre nach der Wiedervereinigung betrug die Zahl mit 590 Pkw am Tag noch mehr als das Vierfache. Doch die Polizei warnt: Zwar ging die Zahl der Autodiebstähle seit 1993 bundesweit um mehr als 75 Prozent auf nunmehr 50.300 im Jahr zurück. Doch die kriminellen Banden sind bei ihren Raubzügen wählerisch geworden.

Vor allem die Halter von Geländelimousinen müssen sich um ihr Gefährt wohl sorgen machen. Bei Autodieben sind die großen Wagen begehrt, besonders der BMW X5: Allein in Bayern wurden zwischen März und Juni 31 Fahrzeuge gestohlen, die meisten in München und Umgebung. Das Landeskriminalamt richtete deshalb zu Wochenbeginn eine Sonderermittlungsgruppe ein. Wohin genau die entwendeten Fahrzeuge gebracht werden, wissen die Ermittler "noch nicht hundertprozentig". Vermutlich würden die Autos nach Osteuropa und Russland "exportiert", sagte eine Polizeisprecherin.

"Lieblinge der Autodiebe"

Beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Berlin merkt man schon länger, dass Geländewagen ein beliebtes Diebesgut sind. Schon 2004 führte der BMW X5 mit 4,4-Litermotor die Liste "Lieblinge der Autodiebe" an, gefolgt vom X5 mit 3,0-Liter-Diesel-Motor. Geländelimousinen seien bei Autodieben seit Jahren schon "allererste Wahl", schätzte ein GDV-Sprecher ein: "Der Grund dafür liegt auf der Hand: Diese Autos sind teuer und lassen sich gut 'wiederverkaufen'."

Das Bundeskriminalamt (BKA) bestätigt diesen Trend. "Die auf Dauer abhanden gekommenen Fahrzeuge der Modellreihe X5 lagen mit 449 Fahndungsnotierungen 2005 bundesweit nochmals über den Werten des Vorjahres", sagte BKA-Sprecherin Stefanie Amft. Luxuswagen erfreuten sich "in potenziellen Abnehmerkreisen" einer gewissen Beliebtheit und gelangten so verstärkt in das Visier hochspezialisierter Täter.

Auch BMW kennt die hohen Diebstahlraten des X5. Der Hauptgrund, warum gerade dieser Typ bei Autodieben so beliebt ist, sei in der generellen Beliebtheit des Fahrzeugs zu suchen. Seit der Markteinführung im Jahr 1999 verkaufe sich der X5 "wie warme Semmeln", sagte Firmensprecher Frank Schlöder. Man komme mit der Produktion kaum hinterher. Die Knappheit mache das Fahrzeug für Diebe zusätzlich interessant. "Es gibt unseres Wissens mehrere professionelle Banden, die auf das Knacken unserer Geländewagen spezialisiert sind", erklärte der BMW-Sprecher.

Beim Unternehmen ist man sich sicher, dass es sich bei den 31 jüngst in Bayern gestohlenen X5 um "gezielte Auftragsdiebstähle" handelte, weil die "Nachfrage" in den Ländern, in die die Autos gebracht würden, zurzeit "stark ansteigt". Wer einen BMW X5 besitzt, der vor September 2005 gebaut wurde, sollte ihn im Moment am besten "nicht auf der Straße stehen lassen", riet das LKA in München.

Früher waren beim Fahrzeugklau meist Gelegenheitsdiebe am Werk. In Zeiten von Wegfahrsperren haben diese Arbeit international operierende Banden übernommen, beobachten BKA-Kenner. Diese setzten dabei seit Jahren auch auf das Ausschlachten gestohlener neuwertiger Autos. "Nach dem Zerlegen der Fahrzeuge ist eine Zuordnung der meisten Kfz-Teile zu gesuchten Fahrzeugen nahezu unmöglich", sagte BKA-Sprecherin Amft.

Die Auftraggeber sind bekannt: Die Autos deckten den zunehmenden Bedarf in Osteuropa, Afrika sowie im Nahen Osten. Die "heiße Ware" werde nicht nur auf dem Landweg, sondern nach wie vor auch auf dem Seeweg per Container transportiert. "Kriminelle Organisationen nutzen dabei unterschiedliche Reedereien und Frachtunternehmen, um gestohlene Fahrzeuge aus Europa in Häfen Nord-, West- und Ostafrikas, des Nahen Ostens und der Kapverdischen Inseln zu exportieren", heißt es im Bundeskriminalamt.

Den Erkenntnissen der Wiesbadener Behörde zufolge sind polnische und litauische Tätergruppierungen bei der internationalen Kfz-Verschiebung überproportional häufig vertreten. "Ein Großteil der Fahrzeuge wurde dabei in Deutschland oder Westeuropa entwendet und nach Polen, Litauen, Russland und in die Ukraine verbracht." (tso/ddp)

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