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Kriminalität: Jersey: Verdacht auf Kindermord

Auf der Kanalinsel Jersey sucht die Polizei weitere Leichen von Kindern eines Heims, die sexuell missbraucht und umgebracht worden sind. Am Wochenende hatten die Beamten eine stark verweste Kinderleiche entdeckt. Jetzt gibt es Hinweise auf weitere Opfer.

Am Montag sind neue Hinweise auf derartige Verbrechen in einem früheren Kinderheim in der Ortschaft S. Martin eingegangen, teilte Jerseys stellvertretender Polizeichef Lenny Harper mit. Insgesamt hätten sich inzwischen 150 mutmaßliche Opfer von Kindesmissbrauch sowie weitere Zeugen gemeldet. Die Straftaten liegen teils bereits Jahrzehnte zurück.

Die großangelegte Suchaktion wurde nach der Entdeckung der stark verwesten und weitgehend nur noch aus Knochen bestehenden Kinderleiche am Wochenende auf nunmehr sieben potenzielle Fundstellen erweitert. "Wir müssen von schweren Verbrechen ausgehen", sagte Harper. Weitere Leichenfunde sind zu befürchten. Die Polizei hat die Namen von einer Reihe seinerzeit vermisster Kinder zusammengetragen.

Bei ihrer Suche in dem ehemaligen Kinderheim "Haut de la Garenne", das heute eine Jugendherberge ist, sowie in der Umgebung werden die Ermittler von Spürhunden unterstützt, die auch bei der Fahndung nach dem im Mai in Portugal verschwundenen britischen Mädchen Madeleine im Einsatz waren. Ihren Anfang hatte die Polizeiaktion im November 2007 genommen, als einstige Heimbewohner von systematischem Kindesmissbrauch berichteten.

Auspeitschungen und Einzelarrest  an der Tagesordnung

Die Verbrechen sollen in der Zeit von 1960 bis zur Schließung des Kinderheims 1986 verübt worden sein. Die Polizei nahm inzwischen mehrere ehemalige Heimangestellte fest. Der Ex-Gesundheitsminister der Insel, Stuart Syvret, erklärte, ehemalige Heiminsassen hätten von furchtbaren Zuständen berichtet. So seien Auspeitschungen und Einzelarrest als Strafen an der Tagesordnung gewesen. Dies sowie jahrelanger Kindesmissbrauch seien offenbar geheim gehalten und verschleiert worden. Jerseys Chefminister Frank Walker betonte, dass es für diese Vorwürfe bislang "keine echten Beweise" gebe.

Jersey ist die größte der fünf bewohnten Kanalinseln und mit 90.000 Bewohnern auch die bevölkerungsreichste. Die für schöne Strände und Klippen berühmte Insel liegt im Ärmelkanal 20 Kilometer vor der nordfranzösischen Küste. Die Kanalinseln gehören nicht direkt zu Großbritannien, sondern sind als Kronbesitz dem britischen Königshaus unterstellt. Obwohl nicht Mitglied der Europäischen Union gehören sie zum EU-Zollgebiet. (kj/dpa)

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