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Panorama: Licht im Spenden-Dschungel

Wer mit Geld Gutes tun will, sollte sich informieren – der Markt ist heiß umkämpft

Von Carsten Werner

Traurige Kinderaugen, verwahrloste Tiere, zerstörte Umwelt, ernste Worte – regelmäßig zur Weihnachtszeit mischen sich ungewohnte Bilder und Töne in die sonst so heile, schöne, jugendfrische Welt der Werbung. Nicht nur der Einzelhandel hofft jetzt auf gute Geschäfte. Auch der Spendenmarkt ist hart umkämpft. Viele Menschen wollen zur Adventszeit und zum Fest der Liebe Gutes tun. Rund sechs Milliarden Euro werden in Deutschland schätzungsweise für humanitäre und karitative Zwecke, soziale und kulturelle Projekte, für Bildung, Sport und Umweltschutz gespendet – statistisch wird das nicht erfasst. Allein für karitativ-humanitäre Zwecke geben die Deutschen dieses Jahr über zwei Milliarden Euro, einen großen Teil davon zur Weihnachtszeit. Und auch wenn Krisen und Katastrophen das Aufkommen zeitweilig anziehen lassen, fließen die Spenden nach Einschätzung von Experten relativ kontinuierlich. Auch der steuersparende Effekt einer wohl- oder mildtätigen Spende spielt wohl eine untergeordnete Rolle.

Schwierig ist die Sicht im Dickicht der Spendenmöglichkeiten für jeden, der nicht genau weiß, wem er sein Geld zur Verfügung stellen soll. Denn um das für ihre Arbeit so nötige Geld werben und kämpfen nicht nur große Organisationen wie die Aidshilfe oder Greenpeace. Auch kleine Einrichtungen wie Kindergärten, Kulturzentren, Tierschutz-, Literatur- und Theatervereine, Drogenhilfen, lokale Träger der Jugendarbeit und neuerdings sogar Schulen versuchen jetzt, gezielt auf sich und ihre Arbeit aufmerksam zu machen. Um von der jahreszeitlich bedingten Freigiebigkeit der Menschen zu profitieren, machen sich aber auch unseriöse Spendensammler mit Überweisungsscheinen und Beitrittsformularen, Sammelbüchsen oder Kurzwaren auf den Weg an die Haustüren und in die Fußgängerzonen.

Harte Konkurrenz

Während große Hilfsorganisationen wie das Rote Kreuz, die Caritas, „Brot für die Welt", die Unicef und die Kirchen zum Jahresende ihre Medien- und Öffentlichkeitsarbeit verstärken, Greenpeace spektakuläre Aktionen startet oder die Aidshilfen regelmäßig am 1. Dezember den Welt-Aids-Tag feiern, flattern neben seriösen Anfragen auch weniger seriöse Spendenbegehren ins Haus. Wer dabei den Überblick behalten will, sollte seine Hilfen konzentrieren. Denn je öfter man in den Datenbanken als aktiver Spender registriert ist, desto mehr vorweihnachtliche Post ist einem sicher.

Der Markt ist heiß umkämpft. Dass Menschen dabei mit dem Spenden-Geschäft auch Geld verdienen, ist noch nicht unseriös: Die Marketingabteilungen der Organisationen arbeiten mit ausgefeilten Mitteln und brauchen kompetente Spezialisten – neben guten Werbeagenturen werden überall auch professionelle Fundraiser gesucht und gut bezahlt. Selbst deren Aus- und Fortbildung ist ein lukratives Geschäft, wie zahlreiche Stellenanzeigen, Bücher und Workshopangebote zeigen. Für ihre Auftraggeber lohnen sich die Investitionen. Denn nur, wer seriös auftritt, über die Verwendung der Spenden zuverlässig Auskunft geben und Kompetenz beweisen kann, vermittelt seinen Geldgebern das gute Gefühl, für das richtige Anliegen gespendet zu haben. Viele Spender wollen persönlich angesprochen werden, manche möchten mit ihrer Großzügigkeit durchaus auch das eigene Image fördern.

Kommen die Spendengelder wirklich an, wo sie gebraucht werden? Wieviel der kostbaren Gaben werden für Werbung und Verwaltung verbraucht, bevor irgendjemandem geholfen wird? Wo ist das Geld am nötigsten? Wer verdient an den Spenden? Wer sich nicht auf die Antworten der Spendensammler selbst verlassen will, für den gibt es einige Hilfsmittel: Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen bietet im Internet Tipps für Spender und verleiht ein „Spenden-Siegel“ für karitative Organisationen, die sich durch wahre, sachliche Werbung und die nachprüfbare, sparsame Verwendung von Spenden auszeichnen. Dort können Informationen über 2100 spendensammelnde Einrichtungen eingeholt werden. Im Deutschen Spendenrat e.V. haben sich gemeinnützige Einrichtungen auf den transparenten Umgang mit Spenden und ethische Grundsätze verpflichtet.

Jeder Spendenwillige muss überlegen, wem sein Geld zugute kommen soll. Allzu spontane Gaben könnten bei den falschen Empfängern landen – auch wenn die Zahl der unseriösen „schwarzen Schafe“ gering ist und die Spendenwilligkeit nicht schmälern sollte. Wer großen und bekannten Organisationen vertraut, macht ebenso wenig falsch, wie wenn er sein Geld einem kleinen, persönlich bekannten Verein gibt, dessen Arbeit er selbst erleben und beurteilen kann. Auf der Straße oder an der Haustür sollte man sich aber nicht unter Druck setzen lassen – weder durch angebliche Dringlichkeit, noch durch emotionale, mitleidheischende Werbung. Offizielle Behindertenwerkstätten verkaufen grundsätzlich nichts an der Haustür oder am Telefon. Und die Postkarten und Kalender vom „Verband der Mund- und Fußkünstler“ bietet kein karitativer Verein an, sondern ein kommerzieller Verlag. Auch Benefiz-Aktionen sind nicht immer effektiv: Oft sind Herstellungs- oder Veranstaltungskosten der Projekte so hoch, dass der Gewinn für die gute Sache nur klein ist.

Statt also gefühlig Kommerz und gute Tat verbinden zu wollen oder dem Druck auf die Tränendrüse nachzugeben, sollte man beim Spenden vor allem auf Information setzen.

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