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Panorama: Lufthansa-Pilot verhindert Katastrophe

Er widersetzt sich der falschen Anweisung des Towers – der Vorfall erinnert an das Unglück am Bodensee

Es war die Geistesgegenwart eines Piloten, die eine Katastrophe verhinderte. Ein Jumbo der Lufthansa ist beim Anflug auf den Flughafen von Mexiko-Stadt nur knapp einem Zusammenstoß mit einem mexikanischen Airbus entgangen. Die Lufthansa bestätigte einen Bericht von „Stern.de“, wonach nur die Reaktion des Piloten der Boeing 747 einen Zusammenstoß verhindert hatte. Der Zwischenfall hat sich bereits am 7. Oktober ereignet.

An Bord der Boeing 747-400 befanden sich 388 Passagiere und 19 Besatzungsmitglieder. Während das Warngerät den Piloten aufforderte, den Jet nach oben zu ziehen, ordnete der Fluglotse einen Sinkflug an. Gemäß ihrer Ausbildung folgte die Crew dem Computer und zog nur 30 Meter über der auf Kollisionskurs befindlichen Maschine der Mexicana vorbei.

Der Vorfall erinnert an die Katastrophe am Bodensee Anfang Juli, als zwei Maschinen in der Luft kollidierten. Damals folgte der russische Pilot nach anfänglichem Zögern der falschen Anweisung des Zürcher Towers, obwohl sein Kollisionswarngerät ihm eine andere Entscheidung abverlangte. Bei dem Unglück starben 71 Menschen. Das Unglück förderte haarsträubende Zustände bei der Zürcher Flugsicherung zutage.

Eigentlich ist die Flugsicherung dafür verantwortlich, die Maschinen in ausreichendem Abstand zu staffeln. Das TCAS-System, bei dem die Computer beider Flugzeuge miteinander korrespondieren und den Piloten unterschiedliche Ausweichbefehle geben, gilt als letzte Rettungsmöglichkeit bei menschlichem Versagen. „Wir begrüßen TCAS als „letzte Verteidigungslinie" sagte der Sprecher des Verbandes Deutscher Fluglotsen, Marek Kluzniak. Die entsprechenden Regularien müssten aber klarer formuliert werden. Georg Fongern von der Pilotenvereinigung Cockpit sagte, während das Radarbild des Fluglotsen zwischen fünf und zwölf Sekunden alt sei, werde die TCAS-Darstellung im Sekundenabstand aktualisiert. In fast allen Ländern sei die Anlage Pflicht, nur in Afrika und Südamerika gebe es noch Lücken. Alle großen Fluggesellschaften würden dem TCAS-Befehl den Vorrang geben. In den Bestimmungen der internationalen Zivilluftfahrtorganisation ICAO sei das aber bisher nur eine Empfehlung und keine verbindlich formulierte Vorschrift.

Die Katastrophe vom Bodensee hatte den Streit um den neuen Luftverkehrs-Staatsvertrag zwischen Deutschland und der Schweiz verschärft. Bisher sind die Eidgenossen für die Kontrolle des süddeutschen Luftraums verantwortlich, doch hat das Bundesverkehrsministerium mit einer Rücknahme in deutsche Regie gedroht, was den Betrieb des Zürcher Flughafens zusätzlich erschweren würde. Auf dem Zürcher Flughafen Kloten wird ab Sonntag mit einem Verkehrschaos gerechnet. Dann wird von der Bundesrepublik die zweite Stufe des bisher nicht ratifizierten Luftverkehrs-Staatsvertrages mit weiten Restriktionen für den Klotener Airport in Kraft gesetzt. Vergeblich haben die Betreibergesellschaft Unique und die Fluglinie Swiss versucht, die Regelung gerichtlich stoppen zu lassen. Der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof hat gestern entsprechende Eilanträge zurückgewiesen. Unique und Swiss sind der Auffassung, dass die Auflagen für eine Verzerrung des Wettbewerbs sorgen und gegen europäisches sowie Völkerrecht verstoßen. Die Richter sahen dagegen keine offensichtlichen Rechtsverstöße und lehnten die Eilbedürftigkeit wegen vorhandener Anflugalternativen ab. Mit dem Staatsvertrag, den der sozialdemokratische Verkehrsminister Moritz Leuenberger 2001 mit seinem damaligen deutschen Amtskollegen Kurt Bodewig ausgehandelt hatte, sollen die Schwarzwaldgemeinden vom Fluglärm des grenznahen Zürcher Airports entlastet werden. Den Schweizern war vorgeworfen worden, fast alle Anflüge über Deutschland zu leiten, um die eigene Bevölkerung vor dem Fluglärm zu schützen. Das Abkommen stößt aber in beiden Ländern auf Ablehnung. Während Baden-Württemberg die Restriktionen für unzureichend hält, fühlen sich die Eidgenossen diskriminiert. Bis 2005 soll die Zahl der jährlichen Überflüge um rund ein Drittel auf 100000 reduziert werden. Nach Ablehnung durch den Berner Nationalrat hatte der Ständerat als zweites parlamentarisches Gremium die Beratung des Staatsvertrages bis zur Klärung offener Fragen ausgesetzt.

Bereits seit einem Jahr hat die Bundesrepublik einseitig ein Nachtflugverbot verhängt. Zwischen 22 und 6 Uhr darf der süddeutsche Luftraum nicht mehr unterhalb von 3000 Metern überflogen werden. Die beiden mit moderner Elektronik ausgestatteten Hauptlandebahnen des Zürcher Flughafens sind während dieser Zeit nicht nutzbar. Die dann verfügbare Nebenbahn 28 soll erst im kommenden Jahr mit einem Instrumentenlande–System ausgestattet werden. Am 24. November war hier bei Bassersdorf eine aus Berlin-Tegel kommende Maschine der Crossair abgestürzt, 24 Menschen fanden den Tod. Ab Sonntag wird das Überflugverbot an den Wochenenden auf die Zeit zwischen 20 Uhr abends und neun Uhr früh ausgedehnt. Während dieser Zeit wird sich die Kapazität des Zürcher Airports nach Angaben der Schweizer Flugsicherung „Skyguide" um bis zu 35 Prozent verringern. Es seien „massive Verspätungen" zu erwarten, hieß es am Flughafen.

Rainer W. During

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