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Panorama: Mein Freund, der Plastik-Baum

Studenten kämpfen um das traurige Symbol des modernen Warschau

Warschau Zwei Sommer lang war sie ein Symbol des modernen Warschau und brachte einen Hauch tropischer Exotik in die polnische Hauptstadt. Doch inzwischen bietet die künstliche Palme auf dem verkehrsumtosten Rondo de Gaulle in der Warschauer Innenstadt einen traurigen Anblick. Einst wiegten sich dunkelgrüne Plastikblätter im Wind und markierten den Weg zum neuen Treffpunkt der Warschauer Jugend. Inzwischen steht der Baum beinahe trotzig und recht zerrupft. Einige Warschauer Studenten wollen sich nicht mit dem Verfall der Palme abfinden.

Erst vor kurzem feierte ein wackeres, frierendes Grüppchen von Schauspielstudenten den zweiten „Geburtstag“ der Palme mit einem Happening. Trotz winterlicher Temperaturen im Strand-Look, mit Sandalen, Strohhüten und Sonnenschirmen, versuchten die jungen Leute, rund um die Palme Tropenstimmung zu entwickeln. Passanten wurden um Geld gebeten. „Zum Geburtstag sollte die Palme ein paar neue Blätter bekommen“, hieß es.

Doch noch immer ist von neuem Grün keine Spur. Die Stadtverwaltung, die für den Plastikbaum zuständig ist, macht keine Anstalten, die Palme zu verschönern. Besser erging es dem Baum, als die Künstlerin Joanna Rajkowska mit ihrem Kunstprojekt südliches Flair in die Warschauer Innenstadt brachte – sie sorgte stets für neues Blattgrün, wenn die frische Warschauer Brise dem Baum übel mitspielte. Seit gut einem Jahr allerdings ist der Besitz und die Pflege der Palme von einer Künstlergruppe an die Stadt Warschau übergegangen – und seitdem ging es mit der Palme bergab. Traurig dokumentiert der Student Tomek mit seiner Kamera den Niedergang des Symbols. „Im Sommer sah sie noch richtig gut aus“ seufzt er. „Jetzt kann ich meinen Freunden nur noch Bilder schicken, die zeigen, wie weit es mit der Palme gekommen ist.“ Billig ist das erhoffte Geburtstagsgeschenk für die Palme nicht – eine neue Blattkrone kostet rund 20000 Zloty (knapp 5000 Euro), errechnete Katarzyna Szustow, die vor kurzem das Palmen-Happening mitorganisierte. Mit einer Petition soll nun Bürgermeister Lech Kaczynski für die Palme begeistert und zu einer Blatt-Spende bewegt werden. Zwar wissen die Studenten, dass viele in der Stadtverwaltung schon vor einem Jahr für den Abriss der Plastikpalme plädierten. Doch der Kunstbaum erwies sich bislang als Überlebenskünstler – mit oder ohne neue Blätter. dpa

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