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Missbrauchsfrage: Rektor des Canisius-Kollegs greift Bischof Mixa an

Als erster führender deutscher Katholik hat der Leiter des Berliner Canisius-Kollegs, Jesuitenpater Klaus Mertes, den Augsburger Bischof Walter Mixa im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal angegriffen. Ehemalige Odenwaldschüler haben zudem schwere Vorwürfe gegen Eltern erhoben.

"Wir dürfen Opfer nicht diskreditieren, wie er es tat", sagte Mertes der "Zeit". Gegen Mixa werden Vorwürfe erhoben, er habe als Dorfpfarrer Heimkinder geschlagen. Der Bischof weist die Vorwürfe zurück.

Schulleiter Mertes machte klar, dass ein Missbrauch durch einen Pfarrer als schlimmer zu bewerten sei als etwa Taten eines Sportlehrers. "Da ist die Fallhöhe höher als bei Missbrauch durch einen Sportlehrer, denn der Priester handelt nach katholischem Verständnis in persona Christi. Und damit ist natürlich das Verhältnis zu Christus berührt."

Kritisch äußerte er sich im Zusammenhang mit der Welle vom Missbrauchsfällen in Einrichtungen der katholischen Kirche auch über die deutschen Bischöfe: Diejenigen, "die sich selbst als Opfer darstellen, diskreditieren die gesamte Kirche."

Mertes bezeichnete die Kurie als ein "Raumschiff..., das den Bodenkontakt zu verlieren droht." Vor Papst Benedikt XVI. habe er "großen Respekt", weil der in der Frage des Missbrauchs keine Angst vor der Wahrheit gezeigt habe. "Ich wünsche ihm, dass er in Kritik an der Kirche noch mehr auch Liebe zur Kirche entdecken kann", sagte Mertes. Er fügte hinzu, der Papst sei "schwerhörig dafür, dass Gott auch durch die säkulare Welt zur Kirche spricht."

Ehemalige Odenwaldschüler erheben schwere Vorwürfe gegen Eltern

Im Skandal um den jahrelangen Missbrauch an der Odenwaldschule haben zwei ehemalige Schüler schwere Vorwürfe gegen einen Teil der Eltern erhoben. Der Journalist Johannes von Dohnanyi, 58, schreibt in der "Zeit", manche Eltern seien "durch ihr Desinteresse, ihre Gleichgültigkeit, ihren Egoismus und ihre Gefühlskälte zu Mit-Schuldigen, ja sogar Mit-Tätern" geworden. "Das Extrem ihres Versagens steht Pars pro Toto für die Mängel und Verfehlungen einer ganzen Elterngeneration." Dohnanyi war von 1967 bis 1971 Schüler an der Odenwaldschule; sein Vater ist der frühere Bundesbildungsminister und Hamburger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi.

Der Journalist zitiert aus einer Reihe von E-Mails ehemaliger Schüler, die die Verhältnisse in ihren Elternhäusern beschreiben. In der Mail eines Missbrauchsopfers heißt es: "Ohne die Gefühlskälte und die Gleichgültigkeit unserer Eltern wäre all dies nicht möglich gewesen." Johannes von Dohnanyi sieht in den familiären Verhältnissen eine Erklärung dafür, warum Schüler sich nicht gegen die sexuellen Übergriffe von Lehrern gewehrt haben: "Für viele (...) Opfer war es die erste Erfahrung von Zuwendung und menschlicher Nähe überhaupt." Noch heute, schreibt Dohnanyi, reagierten viele Eltern "eiskalt. Wer sich habe anfassen lassen, sei selbst schuld gewesen - so lautet eine typische Antwort." Er selbst sei nicht missbraucht worden.

Ein weiterer ehemaliger Odenwaldschüler, Alexander Drescher, wirft seinen Eltern vor, sie hätten gewusst, dass er Anfang der 70er Jahre von dem damaligen Musiklehrer Wolfgang H. missbraucht worden sei. Dennoch hätten sie geschwiegen. "Mein Vater muss ihn (den Musiklehrer, die Red.) sofort durchschaut haben", sagte Drescher der "Zeit". "Er kannte so viele Homosexuelle. Und er nahm das, was er sah, wohl mit Wohlgefallen auf." Auch seine Mutter habe sich den Nöten ihres Sohnes verschlossen und erst jetzt in einem Brief um Entschuldigung gebeten.

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