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Panorama: Mit Gummihose und Schlauchboot zur Arbeit

BERLIN (Tsp).Das Hochwasser an Main, Mosel und Rhein hat Tausenden von Menschen einen nassen Start in die Woche beschert.

BERLIN (Tsp).Das Hochwasser an Main, Mosel und Rhein hat Tausenden von Menschen einen nassen Start in die Woche beschert.Viele Berufspendler, die am Montag morgen zur Arbeit gehen wollten, benötigten Gummihosen oder gar ein Schlauchboot, um trockenen Fußes ihre Wohnung verlassen zu können.

Auch in den kommenden Tagen bleibt die Lage an deutschen Flüssen weiter kritisch.Vorübergehend wird zwar eine Entspannung erwartet, doch Experten zögern mit Entwarnung: "Vom Obermaingebiet kommt schon wieder eine neue Hochwasserwelle", warnte Johann Kendziora von der Wasser- und Schiffahrtsdirektion Süd in Würzburg.

Am Montag war vor allem Unterfranken von Überschwemmungen betroffen.In Wertheim am Zusammenfluß von Main und Tauber drang das Hochwasser gegen Mitternacht in die historische Altstadt ein.Die Suche nach vier vermißten Kindern wurde fortgesetzt, tags zuvor war die Leiche eines Vierjährigen geborgen worden, der in einem Bach im Landkreis Kosel ertrunken war.Sein Leichnam sei einen Kilometer flußabwärts geborgen worden.

In Borßum bei Braunschweig ebenso wie im nordrhein-westfälischen Overath-Steinenbrück und in Veitshöchheim am Main wurde die Suche nach insgesamt vier kleinen Jungen fortgesetzt, die bereits am Sonnabend Opfer der Fluten geworden sein dürften.Die Polizei hatte wenig Hoffnung, die Kinder noch lebend zu finden.Im Landkreis Main-Spessart ist seit Sonntag abend zudem ein 32jähriger Matrose verschwunden.Die Polizei befürchtet, daß der Mann über Bord in den Main gestürzt ist.

Der Main war am Montag am stärksten vom Hochwasser betroffen.In Wertheim wurde gegen Mittag ein Pegelstand von 5,41 Meter erreicht.Nach Angaben der Einsatzleitung waren von der Überflutung in der Altstadt rund 3000 Einwohner in Mitleidenschaft gezogen, das Wasser stand dort 60 Zentimeter hoch.In Miltenberg weiter mainabwärts wurde wegen Überschwemmung erneut Katastrophenalarm ausgelöst.Für die Nacht zum Dienstag rechneten die Behörden mit einem Pegelstand von 5,80 - so hoch wie beim Hochwasser 1988.

Viele Bewohner in den überfluteten Gebieten waren auf das diesjährige Hochwasser gut vorbereitet.Mit Sandsäcken und Dämmstoffen hatten sie ihre Häuser bereits am Wochenende abgedichtet, die Geschäfte sind zum Teil ausgeräumt."Ich muß schließlich zur Arbeit, und es war ja bekannt, daß das Wasser kommt", sagte eine Pendlerin in Bayern.Feuerwehrmänner gingen Frauen, Kindern und Senioren zur Hand.Auch die Donau drohte wieder anzusteigen.

Weiter kritisch war die Lage zudem in Niedersachsen.Wie ein Sprecher des Landesinnenministeriums mitteilte, waren die durchweichten Deiche der Hunte im Landkreis Oldenburg sowie der Hase im emsländischen Haselünne weiter gefährdet.Die Flutwelle erreichte auch die Mittelweser: In Holzminden, Hameln und Nienburg wurden ufernahe Straßen überschwemmt.Das Hochwasser der Mosel schien seinen Höhepunkt dagegen überschritten zu haben.In Trier erreichte der Pegel am Sonntag abend einen Stand von 9,39 Meter und begann danach wieder zu sinken.

Weiterhin unter Wasser stand die Altstadt von Zell an der Mosel, die tags zuvor rund eineinhalb Meter hoch überflutet worden war.Kritisch blieb die Lage ebenfalls in Koblenz.Auch in Köln gibt es noch keine Entspannung: Die Altstadtwirte packten ihre Sachen wieder einmal zusammen.Soweit wie bei den Katastrophen der Jahre1993 und 1995 soll es in diesem Jahr aber nicht kommen.Bis zum Abend des heutigen Dienstags würde auf keinen Fall die kritische Marke von zehn Metern erreicht, bei der der Rhein über die mobilen Schutzwände schwappt und die Altstadt überschwemmt, hieß es aus der Hochwasserschutzzentrale.Bisher sind rund 300 Häuser vom Hochwasser betroffen.600 bis 700 Helfer füllen Sandsäcke, errichten Stege oder helfen den Anwohnern beim Ausräumen.

Bundesumweltminister Jürgen Trittin machte Fehlentscheidungen von Ländern, Kreisen und Gemeinden beim Hochwasserschutz für die jüngste Krise mitverantwortlich.Natürliche Versickerungsmöglichkeiten seien beseitigt worden, kritisierte der Grünen-Politiker in Bonn.Die Bundesregierung könne wegen föderalistischer Aufgabenteilung allerdings nur zusätzliche Naturschutzgebiete ausweisen und zu einer vernünftigeren Raumplanung aufrufen.

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