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Panorama: Mord in türkischem Stadion

Cihat Aktas hatte noch nie in seinem Leben ein Fußballspiel in einem großen Stadion miterlebt. Deshalb freute sich der 16-jährige Schüler aus dem südtürkischen Adana unbändig, als er bei einem Verwandtenbesuch in Istanbul von seinem Onkel zu einer Erstligabegegnung mitgenommen wurde: Die Traditionsmannschaft Besiktas Istanbul empfing am Sonntagabend den Club Rizespor von der Schwarzmeerküste.

Cihat Aktas hatte noch nie in seinem Leben ein Fußballspiel in einem großen Stadion miterlebt. Deshalb freute sich der 16-jährige Schüler aus dem südtürkischen Adana unbändig, als er bei einem Verwandtenbesuch in Istanbul von seinem Onkel zu einer Erstligabegegnung mitgenommen wurde: Die Traditionsmannschaft Besiktas Istanbul empfing am Sonntagabend den Club Rizespor von der Schwarzmeerküste. Der spannende Fußballabend wurde zum tödlichen Drama. In den Gängen des Inönü-Stadions am Ufer des Bosporus geriet Cihat Aktas mit einem anderen Fan aneinander, der sofort sein Messer zog und mehrmals zustach. Aktas verblutete.

Um den Mörder zu fassen, riegelte die Polizei den Tribünenteil ab, in dem der Täter vermutet wurde. Rund 5000 Fans wurden mehrere Stunden lang auf den Rängen eingesperrt und nur einzeln aus dem Stadion gelassen; dabei mussten sie ein Spalier aus Polizisten und Augenzeugen des Mordes passieren. Als Hauptverdächtiger wurde schließlich der 24-jährige Fatih Sözüer festgenommen, der die Tatwaffe, ein Klappmesser, in seinem Schuh versteckt durch die Sicherheitskontrollen ins Stadion geschmuggelt hatte. Als die Polizei den Täter gefasst hatte, musste sie ihn gegen Lynchversuche anderer Fans schützen. In ersten Vernehmungen gab der dreifach vorbestrafte Sözüer die Tat zu, wie die Behörden mitteilten: Er habe sich nach einer Rempelei von dem 16-jährigen Aktas provoziert gefühlt, sagte der Besiktas-Fanatiker. Er bereue die Tat. Den Angehörigen von Aktas war jedoch nicht nach Milde zumute. Zwei Verwandte des getöteten Schülers versuchten, an den mutmaßlichen Mörder in der Polizeihaft heranzukommen und kurzen Prozess mit ihm zu machen. Die Polizei musste zum zweiten Mal innerhalb weniger Stunden Lynchjustiz verhindern.

Während sich die Vereinsführung von Besiktas noch bemühte, den Mord als bedauerlichen Einzelfall herunterzuspielen, kündigten die Behörden ein konsequentes Durchgreifen an. Denn von einem Einzelfall kann keine Rede sein: Vor vier Jahren wurden zwei britische Fußballfans ganz in der Nähe des Inönü-Stadions von Besiktas von türkischen Hooligans getötet. Schlägereien und Messerstechereien sind in türkischen Fußballarenen an der Tagesordnung.

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