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Panorama: Nackt unter Kannibalen

„Die Ärzte“ gehen unter falschem Namen auf Geheimtour

In Magdeburg macht man auf geheimnisvoll. „Och, wir wissen von nüscht!“ ist da zu hören. „Klar, ’Nackt unter Kannibalen’ tritt schon auf, das soll so eine italienische Rockband sein.“ Aber „mehr kann ich Ihnen jetzt nicht sagen, okay?“

So geht es seit Tagen – niemand bestätigt offiziell die Information. Doch es gibt keinen Zweifel mehr: Bei den Konzerten von „Nackt unter Kannibalen“ handelt es sich nach Informationen des Tagesspiegel um die geheime Deutschland–Tour der Berliner Punkrockband „Die Ärzte“. Einen Hinweis darauf gibt das Motto der Tour: „Kegeln für Kreuzberg!“

Im Internet wurde jetzt sogar eine eigene Homepage eingerichtet. Die exakten Konzert-Termine erfahren jedoch nur diejenigen, die zugangsberechtigt sind und das Passwort kennen.

Die Tickets sind begehrt: So wurden gerade im Internet-Auktionshaus „ebay“ für eine Eintrittskarte 300 Euro gezahlt, berichtet ein Insider. Der Normalpreis liegt bei 17 Euro. Ausgeliefert werden die Karten vom „Ärzte“-Fanclub. In zehn Städten wird die Band auftreten – in Berlin ist bislang jedoch kein Konzert geplant. Auftakt ist am 3. März in Coesfeld, die Tour endet am 15. März in Rottweil. Im Nordosten Deutschlands wird die Band in Rostock, Halle und Magdeburg auftreten.

Seit etwa vier Wochen befinden sich „Die Ärzte“ wieder im Studio, im Sommer soll ihre neue Platte herauskommen. Dass sie in dieser Produktionszeit kleine Konzerte für Insider geben, hat bei den Berlinern eine gewisse Tradition. So sind sie in den Neunzigerjahren unter dem Namen „Paul“ im Berliner Club „Loft“ aufgetreten. „Paul“ heißt eines ihrer Lieder, das bei den Fans beliebt ist. Der Grund: Das Lied wurde 1987 von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften verboten. Zu frauenfeindlich, hieß es damals. Laien konnten mit dem Namen „Paul“ nichts anfangen – „Ärzte“-Fans schon.

Das letzte spektakuläre Geheimkonzert fand vor zwei Jahren in Kreuzberg statt. Damals traten „Die Ärzte“ unter dem Namen „Die Zu Späten“ im Club „SO 36“ auf. Auf der Eintrittskarte war damals das „Aldi“–Logo abgebildet. Der Buchstabe „A“ beseitigte damals die letzten Zweifel. Die Vorgruppe der „Zu Späten“ war ebenfalls nicht ganz unbekannt: „Essen auf Rädern“ nannten sie sich. Dem Laien sind sie unter dem Namen „Die Toten Hosen“ bekannt. Woher nun der Name „Nackt unter Kannibalen“ kommt? In den Siebzigerjahren trug ein Softporno aus der Reihe der Emmanuelle-Filme diesen Titel.

Wer jetzt die Internetseite zur „Nackt unter Kannibalen“-Tour besucht, wird sich über das Kauderwelsch wundern. Die Erklärung: Ärzte-Sänger Farin Urlaub spricht italienisch und soll die Seite verfasst haben. Ein Sprachcomputer habe dann die italienischen Wörter einfach ins Deutsche übersetzt. Der Sinn: Laien denken, dass es sich bei diesen Sprachschwierigkeiten wirklich um eine italienische Band handeln muss.

Die „Ärzte“-Geheimtour im Netz:

www.nackt-unter-kannibalen.de

André Görke

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