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So etwa sieht Madeleine McCann heute aus.

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Neue Phantombilder: Maddie wurde später entführt als angenommen

Im Vermisstenfall Madeleine McCann gibt es neue Erkenntnisse und neue Phantombilder: Der britische Fahndungsleiter spricht von „einem Offenbarungsmoment“. Nach der Sendung in der BBC meldeten sich Tausend Menschen mit Hinweisen. „Aktenzeichen XY …“ berichtet am Mittwochabend über den Fall.

Die britische Polizei hat am Dienstag weitere Phantombilder von gesuchten Männern veröffentlicht und geht jetzt davon aus, dass Madeleine McCann Opfer einer planmäßig vorbereiteten Entführung war. Der neue Tatverdächtige wurde erst kurz nach 22 Uhr am Abend des 3. Mai 2007 von einer irischen Familie in Praia da Luz in Portugal gesehen, wie er ein blondes Mädchen „Richtung Meer“ trug.

Jetzt wird ein neuer Mann gesucht

„Der Mann wird als weiß beschrieben, mit dunklem Haar, in seinen dreißiger Jahren, das Kind als drei bis vier Jahre alt mit blondem Haar und Pyjamas“, sagte Chefinspektor Andy Newman in der BBC Sendung „Crimewatch“ am Montagabend und fügte hinzu: „Wenn Sie dieser Mann sind, melden Sie sich, damit wir Sie aus den Ermittlungen ausschließen können.“ Die neue Rekonstruktion des Falles und der genauen Zeitabfolge wird am heutigen Mittwoch auch in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY … ungelöst“ präsentiert. Die Sendung soll von 90 auf 120 Minuten verlängert werden. Darin werden auch Phantomfotos wie das nebenstehende gezeigt, die Maddie zeigen, wie sie heute etwa aussehen würde. Eine Phantomzeichnerin der Polizei hat in einem aufwendigen Verfahren neue Bilder erstellt, die den Alterungsprozess des Gesichts nachzeichnen.

Der bisherige Verdächtige hatte sein eigenes Kind abgeholt

Bisher waren die Ermittler davon ausgegangen, dass Madeleine um 21.15 Uhr aus dem Ferienapartment im Erdgeschoss am Rande eines Ferienkomplexes entführt wurde. Eine Freundin der McCanns, Jane Tanner, die mit der britischen Elterngruppe in der Tapas Bar des Ferienkomplexes zu Abend aß, hatte einen Mann in heller Hose und braunem Oberteil gesehen, als sie nach ihren eigenen Kindern sah. Nun schließt die Polizei diesen bisherigen Hauptverdächtigen aus den Ermittlungen aus. Es handelte sich mit höchster Wahrscheinlichkeit um einen Urlauber, der sein schlafendes Kind ein paar Straßen entfernt abgeholt hatte und nach Hause trug.

Dieser Gesuchte könnte Portugiese sein.

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„Es war ein Moment der Offenbarung“, sagte Fahndungsleiter Redwood in der BBC-Sendung über diese Entdeckung. In ganz Europa macht die Wiederaufnahme der Ermittlungen in dem über sechs Jahre zurückliegenden Fall Madeleine McCann erneut Schlagzeilen. In mehreren Ländern wird die Rekonstruktionen im Fernsehen ausgestrahlt. Die Polizei erhofft sich davon neue Hinweise. Noch während der Sendung haben der BBC zufolge zwei verschiedene Anrufer den gleichen Namen für den in dem Phantombild Gesuchten genannt.

Nach der Sendung haben die Ermittler tausend neue Hinweise bekommen. Diese Zahl nannte am Dienstagnachmittag der Sender BBC One. Die Ermittler seien „äußerst zufrieden“ mit der Resonanz auf die Fernsehsendung, erklärte Redwood. „Wir werden uns jetzt die Zeit nehmen und die Untersuchungsansätze verfolgen.“

Dieses Täterfoto veröffentlichte die Londoner Polizei am Dienstag.

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„Bitte, haben Sie den Mut und das Vertrauen, Ihre Informationen weiterzugeben“, forderte Madeleines Mutter, Kate McCann, die Zuschauer auf. Sie beschrieb in der Sendung, wie sie etwa um 22 Uhr entdeckte, dass Madeleine nicht mehr in ihrem Bett war. Als Madeleine auch nicht im Elternbett war und sie sah, dass das Fenster offen stand, „setzte Panik bei mir ein“. Der neuen Zeitlinie zufolge hätte sie den Entführer nur um Minuten verpasst.

Chefinspektor Redwood sagte, dass enorm viel Zeit seit dem Verbrechen vergangen ist. „Aber es ist nie zu spät. Diese Phantombilder wurden nie in der Öffentlichkeit gezeigt“, sagte Redwood. Ausdrücklich bat Redwood die Einwohner von Praia da Luz um Mithilfe. „Portugal ist das Schlüsselland, um fehlende Augenzeugen zu finden und wir werden unseren Appell auch dort wiederholen“.

Auch dieses Phantomfoto veröffentlichte die Londoner Polizei am Dienstag.

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Die Polizei hat zwei Theorien: Einmal weist sie auf eine steigende Zahl von Einbrüchen in den vier Monaten vor der Entführung in der Gegend um die Feriensiedlung hin. Auch in Appartements des besagten Ferienkomplexes wurde eingebrochen. Möglich ist, dass Madeleine einen Einbrecher überraschte und von diesem mitgenommen wurde.

Neue Phantombilder. Dieser Gesuchte soll Portugiese sein.

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Für wahrscheinlicher hält die Polizei eine geplante Entführung. Die McCanns waren bereits mehrere Tage in der Ferienanlage und hatten einen ziemlich exakten Tagesrhythmus gefunden. Jeden Abend aßen sie um die gleiche Zeit mit ihren Freunden in der Tapas Bar. Gleichzeitig wurden in den Tagen vor der Entführung mehrfach ein oder mehrere „blonde Männer“ bei der Anlage gesichtet, einmal auch auf Balkonen des leerstehenden Appartements 5c, das neben dem der McCanns liegt.

Über diesen Mann gibt es keine weiteren Angaben.

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Am Nachmittag des Entführungstages waren außerdem angebliche „Spendensammler“ in der Anlage – auch sie möglicherweise, um die Lage auszukundschaften. Redwood betont in der Sendung, es gebe noch andere neue Hinweise und Spuren, die verfolgt werden. „Diese Ermittlungen sind längst nicht am Ende.“ Die Entführung Madeleines, die Suche der Eltern nach dem Mädchen und die Verdächtigung der Eltern als Täter durch die portugiesische Polizei hatte 2007 und 2008 weltweite Anteilnahme und Aufsehen erregt. 2011 ordnete der britische Premier David Cameron persönlich unter dem Druck der britischen Presse eine erneute Überprüfung der Aktenlage an. In diesem Jahr nahm Redwoods 30-köpfiges Scotland-Yard-Team die Ermittlungen offiziell von neuem auf. Mit ihrem jetzigen Aufruf präsentieren sie der Öffentlichkeit die Ergebnisse ihrer Arbeit.

In der BBC-Sendung wurden die Eltern McCann wieder gefragt, ob sie sich nicht Vorwürfe machen, die Kinder während des Abendessens allein gelassen zu haben. Dies gehe jeden Tag durch ihren Kopf, sagt Kate McCann, aber man müsse nach vorne sehen. Entscheidend sei, „dass nicht wir diejenigen sind, die hier Unrecht begangen haben. Es ist die Person, die in die Wohnung gegangen ist und ein kleines Mädchen von seiner Familie weggenommen hat“.

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