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New Orleans: Gefahr ganz unten

Zwei Jahre nach dem Hurrikan "Katrina“ kann jeder im Internet sehen, wo bei einer neuen Flut wieder Schäden drohen. Weiße haben dabei einen neuen Hurrikan kaum zu befürchten.

Zu Beginn der zweiten Hurrikansaison nach der Zerstörung durch "Katrina“ ist New Orleans besser geschützt als damals. Doch ein neuer "Jahrhundertsturm“ würde große Teile der Stadt im Mississippidelta erneut mehrere Meter unter Wasser setzen. Das ist das Kernergebnis einer detaillierten Computersimulation des Army Corps of Engineering, das für das Schutzsystem aus Deichen, Kanälen und Pumpen zuständig ist. Seit "Katrina“ wurden sieben Milliarden Dollar verbaut, um die Stadt zu sichern.

In New Orleans ist die Studie das Hauptgesprächsthema. Die Einwohner bewegt freilich weniger die Frage, wie verwundbar ihre Stadt insgesamt ist. Im Internet können die Bürger sehen, wie hoch das Flutrisiko in jeder einzelnen Straße bei Hurrikans unterschiedlicher Stärke ist. Es ist das erste Mal, dass das Corps of Engineering so umfassende brisante Daten veröffentlicht – mit potenziell weitreichenden Folgen: Hausbesitzer, die noch nicht zurückgekehrt sind, können ihre Wiederaufbauentscheidung davon abhängig machen, Versicherungen ihre Prämien danach richten, Stadtplaner auf dieser Grundlage entscheiden, wo wie viel investiert wird. Die Studie könnte nahelegen, wovor die Politik seit zwei Jahren zurückschreckt: Welche Stadtteile werden aufgegeben, weil sie eigentlich nie hätten besiedelt werden dürfen? Präsident George W. Bush und der schwarze Bürgermeister Ray Nagin hatten versprochen, dass ganz New Orleans im alten Glanz ersteht.

Weiße haben keinen neuen Hurrikan zu befürchten

Das sind explosive Fragen, denn die Verteilung auf die Stadtviertel folgt in New Orleans der sozialen Stellung und der Hautfarbe. Die Immobilienpreise reflektieren Jahrhunderte Erfahrung mit dem Flutrisiko. Die Ninth Ward, ein Bezirk armer Schwarzer im Osten des French Quarter, wurde von "Katrina“ dem Erdboden gleichgemacht – und bleibt wegen seiner niedrigen Lage besonders gefährdet. Der Garden District dagegen, ein weißes Oberschichtenviertel auf dem erhöhten Innenufer des Mississippi, wurde von "Katrina“ kaum behelligt und würde in der Simulation erst bei einem Supermegasturm überflutet, wie er statistisch einmal in 500 Jahren möglich ist. Das gilt auch für das French Quarter, die Touristenattraktion im alten Siedlungskern. Freilich bleiben auch die Mittelschichtviertel Gentilly und Lakeview nördlich der Stadtmitte an den Ufern des Lake Pontchartrain bedroht. Sehr sicher ist Jefferson Parish im Westen mit seinen vielen alteingesessenen Familien.

Gegen übliche Hurrikans und selbst solche, deren Stärke statistisch nur alle 50 Jahre auftritt, ist New Orleans nun geschützt. Nur einzelne Straßenzüge müssten mit bis zu 60 Zentimeter Flut rechnen. Wichtigstes Element der Deichsicherung war die Erneuerung der drei größten Entwässerungskanäle samt dem Einbau riesiger Tore, die bei Hurrikans geschlossen werden können, damit Wind und Wellen nicht Wasser aus dem Lake Pontchartrain im Norden und dem Mississippi im Süden in die Stadt drücken. Diese Belastung hatte bei "Katrina“ dazu beigetragen, dass die Deiche brachen.

Es werde keinen 100-prozentigen Schutz geben

Bis 2011 wird das Deichsystem weiter abgesichert. Dann dürften die besseren Stadtviertel selbst gegen einen Jahrhundertsturm geschützt sein.

Viele ärmere Bürger in Risikovierteln flüchten sich in Zweckoptimismus: Seit die Dämme bei "Katrina“ brachen, hat der Nimbus des Army Corps of Engineering gelitten. Warum soll man seinen Simulationen glauben? Donald Powell, Chef des Wiederaufbaus der Golfküste, klagt, das Hauptproblem sei, dass New Orleans Bürger 100-prozentigen Schutz erwarten. Den könne es aber nicht geben.

http://nolarisk.usace.army.mil

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