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Panorama: Nie wieder deutsch

Ein Berliner sieht in Polen ein KZ – und will seither nichts mehr mit seiner Heimat zu tun haben

Der Besuch des Konzentrationslagers Stutthof in der Nähe der polnischen Stadt Danzig hat einen Berliner so schockiert, dass er nicht mehr nach Deutschland zurückkehren und auch kein Deutsch mehr sprechen möchte. Eine Mitarbeiterin des deutschen Konsulats in Danzig wollte sich am Montag zu Einzelheiten des Falles nicht äußern, bestätigte ihn aber und sagte, dass an seiner Lösung „intensiv gearbeitet“ werde. In Polen hat der Vorfall für Aufsehen gesorgt. „Deutscher will nicht nach Deutschland zurück“, titelte in Danzig die Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“. Nach ihren Angaben war der 24-Jährige mit einer zwölfköpfigen Gruppe eines Berliner Abendgymnasiums am 14. April zu einem dreitägigen Studienurlaub nach Danzig gereist.

Bereits vor der Rückreise hatte sich der nach dem Besuch des KZ Stutthof offenbar traumatisierte Mann von seiner Gruppe abgesetzt: Deren Leiter ließ bei der Abfahrt das Gepäck des Mannes in der Pension mit der Nachricht zurück, dass dieses später abgeholt werde.

Nachdem der Mann am Samstagnachmittag gegenüber der Pensionseigentümerin mit Selbstmord gedroht hatte, wurde er vorläufig in Polizeigewahrsam genommen, zu seinem eigenen Schutz, wie es hieß.

Gegenüber den Ermittlungsbeamten sagte der Mann, dass ihn der Besuch des Konzentrationslagers so schockiert habe, dass er kein Deutsch mehr sprechen und auch nicht mehr in seine Heimat zurückkehren wolle. Seinen Pass und seinen Führerschein habe er nach dem KZ-Besuch weggeworfen. Nach Angaben der Zeitung hatte die Berliner Reisegruppe weder der polnischen Polizei noch den deutschen Grenzbehörden das Verschwinden des Mannes gemeldet.

Thomas Roser[Warschau]

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