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Das Heldenbild. Präsident George W. Bush mit Feuerwehrmann Bob Beckwith in den Ruinen von Ground Zero.

© REUTERS

Obama trifft auf seinen Vorgänger: George W. Bush setzt sich mit Präsidentenmuseum ein Denkmal

Der umstrittene ehemalige US-Präsident George W. Bush eröffnet am Donnerstag in Dallas ein eigenes Museum. Der Besucher wird aufgefordert, zu sagen, wie er an seiner Stelle entschieden hätte.

Mehr als vier Jahre hat er die Öffentlichkeit gemieden – als setze er fest darauf, dass die Zeit die Wunden heilt, die die Folgen seines Regierens seinem Ansehen zugefügt haben. Heute tritt George W. Bush wieder ins Rampenlicht. Auf dem Campus der Southern Methodist University am nördlichen Stadtrand von Dallas, Texas, eröffnet er seine Presidential Library. Jeder Amtsinhaber der jüngeren Geschichte hat sich mit Spendengeldern solch ein Denkmal der Jahre im Weißen Haus gebaut. Es dient zugleich als Forschungsstätte und Archiv für Unterlagen zu den Wendepunkten und Entscheidungen.

Bush galt als einer der umstrittensten Präsidenten. Nun scheint seine Hoffnung aufzugehen, dass die Bürger ihn später in milderem Licht betrachten. Kurz vor Ende seiner Amtszeit, im Oktober 2008 inmitten der Finanzkrise, war die Zustimmung zu ihm auf 23 Prozent gefallen. Heute genießt er das Ansehen von 47 Prozent der Amerikaner – gleichauf mit Barack Obama. Alle lebenden Präsidenten erweisen Bush die Ehre ihrer Anwesenheit. Obama verbindet die Zeremonie mit einem Besuch bei den Opfern der Explosion der Düngemittelfabrik in West, Texas, die vor einer Woche einen Gutteil der kleinen Ortschaft zerstört hatte.

Die George W. Bush Presidential Library in Dallas, Texas.

© AFP

Bei der Konzeption der Bibliothek hat sich „W.“, wie abkürzungsvernarrte Amerikaner ihren 43. Präsidenten nennen, entschieden, offensiv mit den Schatten auf seinem öffentlichen Bild umzugehen. Noch ist das Museum nicht für Besucher zugänglich. Nach Berichten der wenigen Journalisten, die vorab Zutritt erhielten – zum Beispiel Peter Baker von der „New York Times“ und Dan Balz von der „Washington Post“ – informieren Videos, vor welchen Alternativen Bush sich sah, als er schicksalhafte Entscheidungen traf. Die Bürger sollen bitte selbst entscheiden: „Was hätten Sie getan?“ Im Irak einmarschieren oder Saddam Hussein an der Macht lassen? Bundestruppen an die amerikanische Golfküste schicken, als Hurrikan „Katrina“ New Orleans und weitere Städte zerstörte, oder auf den ortskundigen lokalen Katastrophenschutz vertrauen? Die Banken und Autokonzerne in der Finanzkrise mit staatlichen Überlebenshilfen retten oder sie Bankrott gehen lassen?

Natürlich hängen die Antworten von mehreren Variablen ab, darunter den zum jeweiligen Zeitpunkt zur Verfügung stehenden Informationen und den politischen Grundeinstellungen des Entscheiders. Kein Präsident rückt sich in seiner Bibliothek in ein schlechteres Licht als nötig. Da ist Bush keine Ausnahme. Aber er lässt die Kritik nicht unter den Tisch fallen, sondern geht ausdrücklich auf sie ein. Das hat er schon in seiner Amtszeit zumeist so gehalten. Im interaktiven „Decision Points“-Kino mit 24 Sitzen werden die Besucher um ihre Entscheidung gebeten – unter Zeitdruck. Sie haben vier Minuten Zeit, sich beraten zu lassen: durch Videos, in denen Schauspieler die engsten Vertrauten des Präsidenten, seine Generale und Kongressabgeordnete darstellen. Dann stimmt der Saal ab. Danach erklärt Bush, ebenfalls per Video, wie er gehandelt hat und warum.

Exponate mit hohem Symbolgehalt machen Schlüsselmomente der Präsidentschaft lebendig.

Besuch beim Vorgänger. George W. Bush 2004 mit Bill Clinton und dessen Familie bei der Eröffnung des William J. Clinton Presidential Center in Little Rock, Arkansas.

© REUTERS

Der Ausstellungsteil zum Irakkrieg vermerkt nüchtern: „Es wurden keine Massenvernichtungswaffen gefunden.“ Bush habe auch Wert darauf gelegt, dass unter den ausgestellten Briefen von Soldaten auch solche sind, die ihm Fehler vorwerfen, sagt Brendan Miniter, der mit der Komposition beauftragt war.

Condoleezza Rice, in seiner ersten Amtszeit Nationale Sicherheitsberaterin und in der zweiten Außenministerin, erzählt relativ offen von Meinungsverschiedenheiten in der Regierung über den Irakkrieg und die Methoden bei der Terrorabwehr. Aufschlussreich ist auch, wen Bush im Rückblick hervorhebt und wen nicht. Neben Condoleezza Rice kommen seine Stabschefs Andrew Card und Joshua Bolten in den Videos ausführlich als Zeitzeugen zu Wort. Vizepräsident Dick Cheney, Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und Strategieberater Karl Rove werden an den Rand gerückt.

Exponate mit hohem Symbolgehalt machen Schlüsselmomente der Präsidentschaft lebendig: ein „Schmetterling“- Stimmzettel von der umstrittenen Auszählung in Florida 2000, die ihm nach langem Rechtsstreit den Sieg über Al Gore eintrug; das Megafon, mit dem er auf den Trümmern des World Trade Centers im September 2001 versprach, die verantwortlichen Terroristen bis ans Ende der Welt zu jagen. Insgesamt dominieren aber interaktive Monitore diese erste Präsidentenbibliothek der iPad-Ära.

Die Ausstellung erinnert an Pläne und Programme, die Bush wichtig sind, aber im Vergleich zu den dramatischeren Ereignissen in seinen acht Regierungsjahren in Vergessenheit zu geraten drohen: zum Beispiel die Hilfe für Millionen Aids-Opfer in Afrika und die Schaffung des größten Meeresschutzgebiets der Erde. Zu Bushs Prioritäten gehörte auch die Reform des Einwanderungsrechts. Sie scheiterte an seiner Partei. Nun stehen die Chancen besser. Wahlniederlagen haben viele Republikaner zur Einsicht gebracht, freilich nicht alle.

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