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Panorama: Obdachlose Kirche

Deutsches Gotteshaus in Istanbul verkauft

Istanbul/Bonn „Schwarze Weihnachten“ für deutsche Christen in der Türkei: Ausgerechnet vor Weihnachten ist die deutschsprachige katholische Gemeinde in Istanbul ihrer Kirche „beraubt“ worden. Pfarrhaus, Kapelle, Altenheim und Garten wurden zur Überraschung der nur wenige hundert Mitglieder zählenden Pfarrgemeinde St. Paul im noblen Istanbuler Stadtteil Sisli ohne deren Wissen und Zustimmung an eine türkische Baugesellschaft verkauft.

„Dieser Verkauf ist ein Skandal“, sagte der Generalsekretär der Deutschen Bischofskonferenz, Pater Hans Langendörfer, am Donnerstag in Bonn.

Hintergrund ist die türkische Rechtslage, die es nichtmuslimischen Glaubensgemeinschaften in der Vergangenheit verbot, selbst Grundstücke zu erwerben. Die katholische Gemeinde in Istanbul hatte deshalb in den 60er Jahren eine Aktiengesellschaft gegründet, deren Hauptaktionär formal der jeweilige Gemeindepfarrer war. Anfang Dezember erfuhr die Bischofskonferenz, dass der Verwaltungsratsvorsitzende der AG, ein türkischer Anwalt, die Immobilie für 1,1 Millionen Euro veräußert hat – zu einem Preis, der für das „Filetstück“ als weit unter dem Marktwert angesehen wird.

„Wir werden alles versuchen, um den Kaufvertrag anzufechten und rückgängig zu machen“, sagte Generalsekretär Pater Langendörfer, der am kommenden Mittwoch zu Gesprächen nach Istanbul reisen will. Der Verwaltungsratsvorsitzende habe seine Befugnisse als Treuhänder bei weitem überschritten und gegen die ausdrückliche Anweisung der Deutschen Bischofskonferenz verstoßen.

Der dem Vernehmen nach rein juristisch mit allen internen Vollmachten ausgestattete Anwalt hatte den überraschenden Verkauf damit begründet, dass die Gemeinde rund zehn Milliarden Lira – das sind etwa 5400 Euro – Steuerschulden habe. Weiterhin sollen 8000 Euro Honorare für den in diesem Jahr ausgeschiedenen Pfarrer nicht gezahlt worden sein.

Eine für die Vorweihnachtszeit angekündigte und teilweise schon eingeleitete Räumung der Gebäude konnte nach Angaben der Bischofskonferenz vorläufig verhindert werden. Bislang ist der Verkauf auch noch nicht ins Grundbuch eingetragen, was die Bemühungen der Bischofskonferenz angesichts der verzwickten Rechtslage noch zusätzlich erschwert hätte.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Lehmann, hatte sich kürzlich gegen einen EU-Beitritt der Türkei ausgesprochen. Er verwies unter anderem darauf, dass in der Türkei für Christen keine richtige Religionsfreiheit herrsche. „Wir hoffen, dass die Verhandlungen über einen EU-Beitritt der Türkei, deren Beginn von der EU auf den 3. Oktober 2005 festgelegt worden ist, endlich günstigere Regelungen mit Blick auf die Religionsfreiheit ermöglichen, die Vorfälle solcher Art von vornherein ausschließen“, sagte dagegen jetzt Pater Langendörfer. dpa

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