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Panorama: Öffentlicher Supermann

Über das Schicksal des gelähmten Schauspielers Christopher Reeve hat sein Sohn einen bewegenden Film gedreht

Von Kerstin Kohlenberg

Wenn Marlene Dietrich das Symbol ist für den Versuch eines Lebens ohne Alter und Krankheit, dann ist Christopher Reeve ihr moderner Gegenversuch. Der Versuch, die Welt an einem Lebenskampf teilhaben zu lassen, der nicht immer schön anzusehen ist.

Seit einem Reitunfall vor sieben Jahren ist Reeve vom oberen Halswirbel an gelähmt. Und dennoch glaubt er fest daran, dass er wieder laufen kann. Sein 50. Geburtstag war lange der Zieltermin. Am 25. September wird er nun 50, und die Hoffnung auf Heilung ist immer noch genauso groß.

Der amerikanische Fernsehsender ABC hat den Dokumentarfilm „Mutige Schritte" ausgestrahlt, der Reeve ohne Schminke und Scheinwerfer in seiner Welt aus Krankenschwestern, Doktoren, medizinischem Gerät, Familie und Spendensammeln zeigt. Reeves 22-jähriger Sohn Matthew hat den Film gedreht und er zerschmettert das Bild des gutaussehenden Supermans im Rollstuhl, wie wir ihn von der Oscarverleihung 1996 in Erinnerung haben, in 30 Minuten. Reeve zeigt alles, seine Hilflosigkeit, seinen geschundenen Körper, seine Stimmungsschwankungen, seinen beinahe kahlen Kopf. Und mit dieser Offenheit entwaffnet er den Zuschauer.

Fast kahler Kopf

In einer Situation sagt ihm ein Arzt, dass sich trotz ständigen Trainings keine neuen Nerven und Muskeln gebildet haben. Die bräuchte er dringend, um wieder selbst atmen zu können. Ohne Beatmungsmaschine könnte er endlich mal ein paar Stunden ohne Betreuung verbringen. Reeve reagiert im ersten Moment nicht, aber man sieht in seinem Gesicht, wie er versucht, die Fassung zu wahren. „Oh okay, thank you", sagt er dann und rollt weg. Später trifft er seinen betreuenden Arzt und fragt ihn immer wieder, ob er die falsche Beatmungstechnik benutze und warum sich immer noch keine Besserung eingestellt habe. „Das macht mir wirklich Angst", sagt er.

Es gibt aber auch die guten Tage. Das sind die Tage, an denen sein jüngster Sohn Will aufgeregt um ihn herumläuft, seine Frau Dana neben ihm auf dem Bett liegt, oder jener Tag, an dem Reeve zum ersten Mal seit seinem Sturz, von vier Menschen gestützt, in einem Schwimmbad liegt. Er soll versuchen, seine Beine zu bewegen. Und tatsächlich, ohne die Schwerkraft in der Luft klappt es. Es gibt ein grosses Geschrei im Schwimmbad und Reeve sieht in diesem Moment gleichzeitig so zerrupft und müde wie glücklich aus.

Fehlende Augenbrauen geschminkt

In einem Interview mit dem Tagesspiegel im letzten Jahr hat Reeve gesagt, dass der einzige Grund, der ihn am Leben hält, die Hoffnung auf Heilung sei. Und seine größte Hoffnung ist die Stammzellentherapie. Reeves Sohn hat ihn gefilmt, wie er im letzten Jahr vor dem US-Kongress gesprochen hat, um um das Freigeben der Forschung an embryonalen Stammzellen zu bitten. Für den Auftritt schminkt ihm seine Krankenschwester die fehlenden Augenbrauen und setzt ihm eine Schmuckbrille auf. Sie macht ihn fertig für den Ring.

Und dann ist da immer wieder der Schauspieler Reeve, in schwarzem Anzug und Krawatte, der Freunde wie John McEnroe, Tim Robbins, Susan Sarandon oder Michael Douglas zusammengerufen hat, um für sein Anliegen Geld zu sammeln. Christopher Reeve scheut das Tageslicht nicht, er wäre nur froh, wenn er es bald mal wieder alleine genießen könnte. „Ich hänge sehr an euch", sagt er im Film zu seinen täglichen Helfern, „aber ich kann den Tag nicht erwarten, an dem ich euch alle rauswerfen kann."

Über seinen Kampf mit der Krankheit hat Christopher Reeve ein Buch geschrieben. „Nothing Is Impossible" ist vor wenigen Tagen bei Random House erschienen.

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