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Adem Y.

© dpa

Prozess: Angeklagter Sauerland-Verdächtiger will gestehen

Der mutmaßliche Terrorist Adem Y. hat im Prozess gegen die Sauerland-Gruppe angekündigt, ein umfassendes Geständnis abzulegen.

Der Sauerland-Prozess vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht steht vor einer Wende: Alle vier Angeklagten haben sich nach Angaben einer Verteidigerin darauf geeinigt, Geständnisse abzulegen. Während ihr Mandant Adem Y. sein Geständnis vor Beamten des Bundeskriminalamts ablegen wolle, werde der Angeklagte Atilla S. seine Aussage im Gerichtssaal abgeben, kündigte Anwältin Ricarda Lang am Dienstag an. Unklar war zunächst, wann die Geständnisse erfolgen sollen. Angeklagt in dem Verfahren sind auch die Konvertiten Daniel S. und Fritz G..

Adem Y. hatte am Dienstagmorgen ankündigt, sich zu den Tatvorwürfen zu äußern. Er wollte sich allerdings zuvor mit den anderen Angeklagten ohne Verteidiger beraten. Daraufhin wurde der Prozess für einige Stunden unterbrochen. Zur Begründung sagte der Angeklagte: "Es ist mir egal, wie viel Sie mir geben, ob 20 oder 30 (Jahre), ich möchte nur, dass das hier vorbeigeht, es ist langweilig", sagte er.

Seit sieben Wochen verhandelt der Senat unter Vorsitz von Ottmar Breidling im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgerichts den größten deutschen Terrorprozess seit RAF-Zeiten. Den vier deutschen und türkischen Angeklagten wird vorgeworfen, eine Terrorzelle der Islamischen Dschihad Union (IJU) gebildet und in Deutschland schwere Anschläge mit Autobomben geplant zu haben, unter anderem auf US-Einrichtungen.

Nach Hinweisen auch ausländischer Geheimdienste hatte das Bundeskriminalamt die Verdächtigen observiert und Anfang September 2007 im sauerländischen Oberschledorn von der Anti-Terror- Spezialeinheit GSG 9 festnehmen lassen. Ein vierter wurde später in der Türkei verhaftet.

Zur Prozesseröffnung war Y. vor allem durch Widerstand aufgefallen: Die Anklage beantragte damals drei Tage Ordnungshaft, weil Y. beim Einzug des Gerichts sitzen geblieben war. "Ich steh' nur für Allah auf", reif er zur Begründung.

Mehrfach hatte Richter Breidling später eindringlich an die Angeklagten appelliert, ein Geständnis abzulegen, wenn es denn etwas zu gestehen gebe. Angesichts der gewaltigen Beweisfülle des Bundeskriminalamtes behaupten selbst die Verteidiger nicht, es säßen vollkommen Unschuldige hinter Panzerglas neben ihnen auf der Anklagebank.

Die Appelle Breidlings blieben nicht ungehört. Das erste Indiz dafür war ein Zettel, der sich bereits Mitte Mai bei den Angeklagten fand. Aus dem Kassiber geht hervor, dass die mutmaßlichen Terroristen durchaus rege über Sinn und Zeitpunkt eigener Aussagen diskutieren.

Hintermänner, Geldgeber, internationale Strukturen

Bislang hatten die Verteidiger allerdings vehement gegen solche Absichten argumentiert. "Wer hier gesteht, wird erst mal ein Jahr lang vernommen", heißt es in den Prozesspausen. Außerdem werde sich das Gericht den Erfahrungen zufolge nicht damit abfinden, dass die Angeklagten nur einräumen, was ihnen ohnehin zu beweisen ist. Es geht um Hintermänner, Geldgeber und internationale Strukturen.

Den Kern des Geschehens, die Vorbereitung von Anschlägen mit Autobomben und Hunderten Kilo Sprengstoff, den Kauf geeigneter Chemikalien, das Treffen zwecks Bombenbaus im Sauerland, die Diskussion über geeignete Ziele – das alles haben die BKA-Beamten mittels Abhöranlagen mitgeschnitten, protokolliert und durch Sprachexperten begutachten lassen. Daran ist auch für die Verteidiger kaum zu rütteln. An den Gesprächen hatten sich die Angeklagten Fritz G., Daniel S. und Adem Y. allzu offen und rege beteiligt.

Das Augenmerk der Bundesanwälte richtet sich derzeit auf den vierten Angeklagten, Atilla S. Er war der Anklage zufolge nur in die Zünderbeschaffung und in die Fluchtpläne einbezogen, hat nicht wie die anderen drei "auf den Fässern gesessen", wie sein Anwalt Axel Nagler sagt. S. könnte mit einem Geständnis daher am meisten gewinnen.

ZEIT ONLINE, dpa

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