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Zu seinen besten Zeiten, wie hier 2009, galt er als Vorzeigeunternehmer.

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Prozess gegen Beluga-Reeder: Der tiefe Fall des Niels Stolberg

Wegen Kreditbetrugs und Bilanzfälschung muss sich ab Mittwoch der Chef der einst weltweit größten Schwergutreederei vor Gericht verantworten.

Irgendwann muss Niels Stolberg sein verlässliches Gespür fürs Risiko verloren haben. Vielleicht waren es einfach zu viele Erfolge. Mit sicherer Hand lotste der Kapitän seine Reederei Beluga lange durch schwieriges Fahrwasser. Und es gab nur einen Kurs: Wachstum. „Es hat ja immer funktioniert“, sagt der 55-Jährige. Doch dann rutschte die Reederei in die Krise und Stolberg wurde aus seiner eigenen Firma geworfen. Für ihn eine Katastrophe, wie er sagt.

Ob das schon der Tiefpunkt war, wird sich in den nächsten Monaten vor Gericht zeigen. Dort sitzt auch Stolberg ab Mittwoch auf der Anklagebank.
Sein tiefer Fall ist nicht spurlos an Stolberg vorbeigegangen. Seine Haare sind grau geworden. Er wirkt abgekämpft, auch ein wenig demütig, aber nicht mutlos. „Die letzten fünf Jahre waren eine Fahrt durch die Hölle“, sagt er. Vor Gericht muss er sich wegen Kreditbetrugs, Bilanzfälschung, Untreue und anderer Vorwürfe verantworten. Bei einer Verurteilung drohen ihm mehrere Jahre Haft.

Natürlich mache ihm das Angst, sagt Stolberg. Doch den Prozess sieht er auch als Chance, um endlich abschließen zu können. „Irgendwann kommt ein zweites Leben. Da freue ich mich drauf.“

Vom Millionär zum Bankrotteur

Lange Zeit schien dem Sohn eines Lotsen und einer Buchhändlerin alles zu gelingen, was er anpackte. Er schuf innerhalb von 15 Jahren eine der weltweit größten Schwergutreedereien, machte mit Ideen wie treibstoffsparenden Segeln für Frachtschiffe und sozialem Engagement auf sich aufmerksam. Er galt als Vorzeigeunternehmer, war gern gesehener Gast bei großen Events und saß im Aufsichtsrat von Fußballbundesligist Werder Bremen.

Doch dann brachte die Schifffahrtskrise auch den Beluga-Konzern in Bedrängnis. Stolberg holte sich den US-Investor Oaktree ins Boot und musste später mit ansehen, wie der Hedgefonds seine Reederei, sein Lebenswerk, zerschlug. „Ich habe alles verloren“, sagt er. Sein Unternehmen, seine Ehe, sein Vermögen, seine Immobilien. „Man wird diskreditiert, sozial geächtet.“

Heute lebt Stolberg in einer kleinen Wohnung in Oldenburg. Der einstige Millionär führt ein bescheidenes Leben: Zurzeit berät er Unternehmen beim Transport von Schwerlasten und kann von alten Kontakten profitieren. Doch mehr als 3600 Euro darf er im Monat nicht verdienen. Er ging 2011 in Privatinsolvenz.

Er gibt Fehler zu

Ein tiefer Fall, an dem er eine Mitschuld trägt, wie Stolberg sagt. Zu den Anklagepunkten will er sich vor dem Prozess nicht äußern. Dass er Fehler gemacht hat, bestreitet er aber nicht. „Ich hätte mich nicht mit einer Heuschrecke ins Bett legen sollen“, sagt er.

Aus Stolbergs Umkreis heißt es, der 55-Jährige neige dazu, viele Dinge schön zu reden. Vielleicht gehört dies zum notwendigen Optimismus eines Unternehmers. Die Schuldfrage wird im Gerichtssaal geklärt. Und dort ist man, besagt ein Sprichwort, wie auf See in Gottes Hand. (dpa)

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