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Rauchverbot für Altkanzler: "Da hat es uns gereicht"

Eine Nichtraucherinitiative zeigt Altbundeskanzler Helmut Schmidt und Ehefrau Loki an.

Die Kolumne im Magazin „Leben“ der Wochenzeitung „Zeit“ heißt „Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt“. Keine TV-Show, in die der Altkanzler sich einladen lässt, bleibt rauchfrei. Der Hamburger, der eigenen Angaben zufolge seit mehr als 60 Jahren dem blauen Dunst frönt, macht nie und nirgendwo einen Hehl daraus, dass es einen Nichtraucher Schmidt nicht geben wird – Gesetze hin oder her. Sogar in streng kontrollierten amerikanischen Gebäuden zündet sich Helmut Schmidt eine an und schmunzelt: „Die werden mich schon nicht rauswerfen.“ Und recht hat er.

Doch jetzt muss er sich mit einer Anzeige herumschlagen. Die Nichtraucherinitiative Wiesbaden erstattete gegen das Ehepaar Helmut (89) und Loki (88) Schmidt und den Intendanten des Theaters „Komödie am Winterhuder Fährhaus“, Michael Lang, Anzeige wegen Körperverletzung und Verstoßes gegen das Nichtraucherschutzgesetz, das in Hamburgs öffentlichen Gebäuden seit Jahresbeginn ein Rauchverbot vorschreibt. „Die Anzeige gegen das Ehepaar Schmidt liegt bei dem zuständigen Dezernat und wird bearbeitet“, bestätigte Staatsanwalt Rüdiger Bagger dem Tagesspiegel. „Wir werden das Verfahren nächste Woche abschließen“, sagte Bagger, der keinen Zweifel daran lässt, wie überflüssig er die Diskussion hält.

Eine Strafe muss Helmut Schmidt wohl nicht befürchten. Zwar könnte er theoretisch auch wegen Körperverletzung belangt werden, zu der auch eine Gesundheitsschädigung zählt. Darauf stehen bis zu fünf Jahre Gefängnis oder Geldstrafe. Würde der SPD-Politiker aber „nur“ wegen der Ordnungswidrigkeit des Rauchens in öffentlichen Gebäuden belangt, drohten ihm 20 bis 200 Euro Geldbuße. Der Wirt, der dem Raucher das Rauchen ermöglichte, müsste mit einer Geldbuße von 50 bis 500 Euro rechnen. Bagger sagte, die Anzeige gegen den Intendanten habe man an das zuständige Bezirksamt weitergeleitet. „Wir ermitteln nur gegen das Ehepaar Schmidt – aber das Verfahren wird wohl eingestellt.“ Das sei eine rein rechtliche Abarbeitung, und in Deutschland könne nun einmal jeder jeden anzeigen und den Gerichten Arbeit verschaffen.

Was war genau geschehen? Helmut Schmidt und seine Frau Loki („Ich rauche, seit ich zehn bin“) holt die in Deutschland brandaktuelle Raucherdiskussion ein: Der Altkanzler begrüßte auf dem Hamburger Neujahrsempfang das neue Jahr genüsslich mit einem Zigarettchen – und ward dabei gesehen. Was nicht verwunderlich ist, war doch das gesamte Medienvolk anwesend. Unter den zahlreichen Ehrengästen war im Übrigen auch der Polizeipräsident, der aber offensichtlich keinen Handlungsbedarf sah. Während brav alle Raucher vor die Tür gingen, wurde dem Ehepaar Schmidt zuvorkommend gar ein Aschenbecher gereicht.

Der Erste Vorsitzende der schon 1986 gegründeten Nichtraucherinitiative Wiesbaden, Horst Keiser, sah in einer TV-Übertragung vom Neujahrsempfang das Ehepaar Schmidt genüsslich paffen – und erstattete Anzeige. „Dann auch noch das Foto der beiden Raucher am nächsten Tag in einer großen Tageszeitung: Da hat es uns gereicht“, sagte Keiser. „Wie sollen wir Kindern und Jugendlichen begreiflich machen, dass das so nicht geht, wenn derartige Respektspersonen dem Recht so offensichtlich kein Interesse entgegenbringen?“, fragte auch Keisers Frau. Und fügte empört hinzu: „Herr Schmidt raucht, wo er will. Wann er will. Ohne Rücksichten. Das ist einfach ein schlechtes Vorbild.“

Antje Lückingsmeier[Hamburg]

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