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Alles rein, denn auch auf den Schiffen von Aida Cruises wird das bordeigene Bier nach dem Gebot von 1516 gebraut – auch wenn dazu Meerwasser verwendet wird.

© Picture-Alliance

Brauen auf dem Kreuzfahrtschiff: Bierflaute ab Windstärke 9

Das Brauhaus gehört zu den beliebtesten Restaurantarten der Deutschen. Aida hat es an Bord geholt.

Natürlich trinkt er gern Bier. „Mäßig, aber regelmäßig“, sagt er und grinst. Karl Pasalk ist Braumeister. Und Seemann. Denn er braut auf der „Aida Sol“. Vor knapp zwei Jahren hat er angeheuert. Mittlerweile ist er jenseits der 60 und hat fast ein Leben lang an Land gebraut. „Ich brauchte aber mal Tapetenwechsel.“ Jetzt ist er immer vier Monate am Stück unterwegs und dann im Anschluss zwei Monate auf Landurlaub.

Damals versuchte er, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden: Brauen auf einem Schiff, das klang für ihn nach einem entspannten Job. So ganz geklappt hat das aber nicht, denn er kennt kein Wochenende, sondern nur eine Sieben-Tage- Woche. „Ein bisschen mehr Freizeit hatte ich erwartet“, gibt er zu und lacht. „Zeit für Freunde habe ich kaum.“

Seine Tage beginnen sehr früh, denn Pasalk muss täglich die Tanks und Leitungen in seiner Brauerei kontrollieren, sich mit dem Proviantmeister wegen der Ware abstimmen und sich um das Bier kümmern. Die Tanks fassen insgesamt etwa 13 000 Liter Bier; auf einer zehntägigen Ostseereise werden etwa 2500 Liter getrunken.

Aida Cruises ist wohl die einzige Reederei, auf deren Schiffen Bier gebraut wird. „Das war ein Wunsch unserer Gäste“, sagt Michael Stendebach. Er ist bei Aida für das Essen und Trinken an Bord zuständig. „In Umfragen haben wir immer wieder festgestellt, dass das Brauhaus zu den beliebtesten Restaurantarten der Deutschen gehört – also haben wir es an Bord geholt.“

Das Brauen auf einem Schiff unterscheidet sich nicht allzu sehr vom Brauen an Land. Schwieriger war es, die Apparatur so zu konstruieren, dass alle Zutaten zum richtigen Zeitpunkt in ausreichender Menge zur Verfügung stehen – und das auf äußerst begrenztem Raum. Deshalb tat sich die Reederei mit der Dortmunder Hövels-Brauerei zusammen. Deren Ingenieuren gelang es, diese technischen Probleme zu lösen. Doch das Leitungssystem, das dabei entstand, ist so kompliziert, dass die älteren Schiffe der Flotte nicht nachgerüstet werden. Auf drei Schiffen der Flotte wird mittlerweile Bier gebraut, eine vierte Brauerei wird vom kommenden Jahr an mit der „Aida Stella“ über die Meere schippern.

Braumeister Pasalk braut sein Bier mit Meerwasser. Für manche Gäste ist es ein wenig gewöhnungsbedürftig, wenn sie erfahren, dass sie gerade einen großen Schluck Ostsee genommen haben. Für das Brauen wird das Meerwasser in einem aufwendigen Prozess gereinigt, entsalzt und am Ende wieder mineralisiert, denn die Entsalzung entzieht auch die Mineralien. „Den Unterschied schmeckt aber nur ein Experte“, sagt Pasalk. Er kann an Meerwasser-Bier nichts Seltsames finden: „Das ist doch gang und gäbe in Wüstenländern.“

„Nachahmer würden uns stolz machen“

Karl Pasalk braut auf der "Aida Sol". Die Gäste an Bord dürfen dabei nicht nur zusehen, sondern gleich genießen.

© Kathrin Bretzler

Der eigentliche Brauvorgang dauert etwa acht Stunden. Wer mag, kann Pasalk dabei zusehen: Das Sudhaus mit Maischgefäß, Würzepfanne und Läuterbottich steht direkt im Restaurant. Auch das Malz wird an Bord geschrotet. Im Maischgefäß mischt Pasalk es dann mit dem Brauwasser und erwärmt es auf knapp 80 Grad. Anschließend wird das Gemisch „geläutert“. Dabei werden die festen Bestandteile aus der so entstandenen „Würze“ entfernt. Der Würze wird der Hopfen hinzugefügt und beides wird dann zusammengekocht. Je mehr Hopfen, umso herber wird das Bier. Ganz am Schluss wird die Hefe zugegeben und der Gärprozess beginnt, der etwa eine Woche dauert. Anschließend reift das Bier noch drei Wochen in den übermannsgroßen Edelstahltanks.

Für die Reifung braucht das Bier Ruhe. Die Bewegung des Schiffes ist dabei aber kein Problem. „Nur bei Windstärke neun braue ich nicht mehr“, sagt Pasalk. Auch darf er nur während der Fahrt brauen und nicht in den Häfen, wegen des Zolls. „Wir brauen aber sowieso meistens abends“, sagt Manager Stendemann. „Da haben wir die Häfen in der Regel schon verlassen und dann können die Gäste zuschauen, während sie zu Abend essen.“

Dass andere Reedereien nachziehen könnten, bereitet ihm keine Sorgen. „Nachahmer würden uns stolz machen“, behauptet er. Dass das für andere Märkte interessant sein könnte, ist jedoch wenig wahrscheinlich – die Brauhaus-Kultur spielt für andere Nationen nicht die Rolle wie bei den Deutschen.

Auch der Deutsche Brauer-Bund hat keine Bauchschmerzen mit dem Hochseebier: „So wird aus dem Bier eben ein Erlebnisbier“, sagt Sprecher Marc-Oliver Huhnholz. Er befürchtet nicht, dass so etwas der Bierkultur schaden könnte: „Wenn das Bier durch ungewöhnliche Brauorte aufgewertet wird – warum nicht?“

Natürlich ist Karl Pasalk auch auf dem Schiff an gewisse Richtlinien gebunden. Regelmäßig schickt er Bierproben an ein Labor, das überprüft, ob die Qualität in Ordnung ist. Und die Hövels-Brauerei, die zur Radeberger-Gruppe gehört, überprüft, ob Pasalk sich an die Vorgaben hält. Denn er braut ausschließlich nach deren Rezepturen: das Original, das Zwickel und in Zukunft auch ein Weißbier. Freie Hand hat Pasalk nur beim Aktionsbier, da darf er sich ein bisschen austoben. In der Adventszeit gab es ein „Weihnachtsbier“, zur Europameisterschaft hat er ein dunkles, herbes „Fußballbier“ gebraut.

Für Aida ist das Brauen an Bord eine Erfolgsgeschichte, die Brauhäuser sind jeden Abend voll, werden sobald nicht von den Schiffen verschwinden. Und Pasalk? Ein Zuckerschlecken sei das Brauen hier nicht, aber zurück an Land – da schüttelt er nur den Kopf und grinst. Noch ein paar Jahre auf See hat er fest eingeplant.

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