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Reise: Die Visagisten

Serviceagenturen besorgen Einreisegenehmigungen meistens zuverlässig, für beinahe jedes Land

Ein Telefongespräch mit einer von unzähligen Agenturen, die im Internet die Beschaffung eines Visums anbieten; es geht um den Iran:

„Ein bis zwei Passfotos, je nachdem, ob Sie neue oder alte Bundesländer sind.“

„Ich bin aus Bayern.“

„Dann brauchen Sie zwei Passfotos, mattes Papier, keine Brille.“

„Ich bin aber Brillenträger.“

„Da müssen Sie die Brille abnehmen, also hier steht: ohne Brille. Außerdem müssen Sie sich an ein iranisches Reisebüro wenden.“

„Ein iranisches Reisebüro?“

„Ja, die Reisen in den Iran anbieten, und die müssen dort eine Bestätigungsnummer einholen für Sie.“

„Also ein deutsches Reisebüro?“

„Ja, richtig.“

„Ich werde aber ohne die Hilfe eines Reisebüros dorthin fahren.“

„Dann geht’s nicht, dann müssen Sie ein iranisches Reisebüro finden für die Bestätigung.“

Eigentlich sind Visumbeschaffungsagenturen da, um es dem Reisenden einfacher zu machen und ihm die bürokratischen Umwege abzunehmen. Doch wer ein paar der erstbesten Agenturen abtelefoniert, kann den Eindruck gewinnen, dass sich manche noch schlechter auskennen als man selbst. Die eine versteht Sudan statt Iran, der andere sagt: Visum für Iran? Ja, das gibt’s! Er empfiehlt dann aber, zunächst auf der Internetseite der iranischen Botschaft nachzusehen.

Wer individuell reist und folglich nicht sein Visum vom Veranstalter ausgehändigt bekommt, kann entweder selbst auf die Konsulate gehen oder eine seriöse Agentur beauftragen. Die hat meistens eine übersichtliche Internetseite, auf der aufgelistet ist, welche Unterlagen man braucht, und von der man auch die Visumsanträge herunterladen kann. Die Kosten für die Beschaffung liegen meist bei etwa 20 Euro, es sei denn, es muss ganz schnell gehen, dann können auch mehr als 75 Euro fällig werden. Hinzu kommen die Bearbeitungskosten, die das jeweilige Konsulat verlangt.

„Es ist eine Frage des Geldbeutels, je schneller, desto teurer“ , sagt Jochen Meseberg. Möglich ist fast alles, auch ein Visum noch am selben Tag. Meseberg hat seit 1994 eine der größten deutschen Beschaffungsagenturen aufgebaut und sie in diesem Jahr an die amerikanische CIBT-Gruppe verkauft. Für seine Visum- Centrale arbeiten 80 Menschen, im vergangenen Jahr wurden 130 000 Visa abgewickelt, der Umsatz lag bei zwölf Millionen Euro. „Die Visabeschaffung wurde immer schwieriger in den vergangenen Jahren“, sagt Meseberg, „deshalb können wir uns nicht beklagen.“ Wie einfach ein Visum zu bekommen ist, hängt immer auch von der politischen Großwetterlage ab. Und die war in jüngster Zeit nicht besonders günstig.

70 Prozent der Kunden sind Unternehmen, die über eine Beschaffungsagentur Visa für die Geschäftsreisen ihrer Mitarbeiter organisieren lassen. Daneben gibt es auch Individualreisende, die den bürokratischen Aufwand scheuen, oder Reiseveranstalter, die Visa für ihre Gäste brauchen. Besonders begehrt sind Einreisepapiere für China, Indien und die Länder der Russischen Föderation. Viele Agenturen bieten zusammen mit dem Visum auch die Beschaffung von geschäftlichen oder privaten Einladungen an, die etwa in Ländern wie Iran oder Weißrussland vorgeschrieben sind.

Für eine schnelle und erfolgreiche Visumsbeschaffung brauche es vor allem gute persönliche Kontakte zu den Konsulaten und Botschaften, sagt Frank Königk, Inhaber der Agentur Servisum, der seit 20 Jahren im Geschäft ist. Dabei nütze häufig das gute Verhältnis zum Botschafter oder zum Konsul nicht so viel wie das zu den Mitarbeitern. Der Mann hinter der Scheibe sei wichtig. Festangestellte Mitarbeiter der Agentur bringen die Pässe und die Anträge eigenhändig zu den Konsulaten und holen sie dort wieder ab. Dabei müsse man darauf achten, dass das richtige Verhältnis zwischen Nähe und Distanz gewahrt bleibe. Denn wenn man manchen Botschaftsmitarbeitern zu nahe komme, hielten die gern mal die Hand auf. „Damit darf man jedoch nie anfangen, weil da sonst immer teurer wird“, sagt Königk.

Offizielle Expressgebühren hingegen muss man zahlen, wenn man sein Visum dringend braucht. Express kann Unterschiedliches bedeuten. Bei Indien heißt es: bereits am selben oder am nächsten Tag. Bei Angola, dem Schlusslicht in Sachen zügiger Visaausstellung, sind es zwei statt der üblichen vier Wochen.

Hans Gasser

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