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Sizilien: Tschüss, Schutzgeld

Ein neuer Stadtplan von Palermo soll zu mafiasicheren Hotels und Restaurants führen.

Etwa 1,2 Millionen deutsche Touristen haben im vergangenen Jahr Sizilien bereist – und damit auch die Mafia finanziert. Von dem Geld jedenfalls, das die Deutschen als traditionell größte und wohl auch zahlungskräftigste ausländische Touristenschar auf der Insel lassen, holt sich die Cosa Nostra ihren Teil, indem sie Schutzgeld eintreibt, zum Beispiel in Hotels und Pizzerien, in Supermärkten und bei Autovermietern. Oder die Mafia betreibt Geschäfte gleich in Eigenregie.

Solchen Betrieben aber sieht man ihre fatalen Besitz- oder Abhängigkeitsverhältnisse von außen nicht an. Bisher jedenfalls. Jetzt betrachtet eine Antimafia- Bewegung die Sache andersherum. In Palermo hat die von Studenten ins Leben gerufene Organisation „Tschüss, Schutzgeld!“ („Addio pizzo“) für „kritische, verantwortungsbewusste Touristen“ einen eigenen Stadtplan gedruckt und darauf jene Geschäftsbetriebe verzeichnet, die ausdrücklich kein Schutzgeld zahlen. Und die deutsche Botschaft in Rom als Sponsor hat dafür gesorgt, dass dieser Stadtplan seit ein paar Tagen auch auf Deutsch vorliegt.

„Es ist leider so“, sagt der junge Jurist Gabriele La Malfa Ribolla von „Addio pizzo“, dass „von Palermos Wirtschaftstreibenden noch immer eine große Mehrheit das Schutzgeldsystem unterstützt“. Selbst unter den 420 couragierten Geschäftsinhabern, die den Drohungen der Mafia widerstanden und sich auf die Seite von „Addio pizzo“ geschlagen hätten, bliebe trotz aller Überprüfungen und Anhörungen „ein Restrisiko“.

Aber Palermo wandele sich, versichert La Malfa Ribolla: „Inzwischen haben sich auch zehntausend Bürger als kritische Konsumenten uns gegenüber verpflichtet, nur in pizzofreien Geschäften einzukaufen und diese damit zu unterstützen.“

Die Auswahl gerade an mafiasicheren Hotels und Restaurants ist mit zusammen gut zwanzig Eintragungen noch nicht besonders groß; für die Branche mag das bezeichnend sein. Botschafter Michael Steiner aber sagt, mit dem Stadtplan lasse sich „bereits ein kompletter, schutzgeldfreier Urlaub“ planen.

Für jene Touristen, die mehr über das Problem Mafia wissen wollen, bieten die jungen Leute von „Addio pizzo“ auch eigene Führungen durch Palermo an. Dass sie dabei in aller Offenheit ihre T-Shirts mit dem Anti-Mafia-Logo tragen, ohne von der Cosa Nostra tätlich angegriffen zu werden, ist durchaus ein Zeichen für die starke Stellung, die sich die jungen Leute im Kernland der Mafia erarbeitet haben.

Der neue Stadtplan, so sagt Botschafter Steiner, solle über Reiseveranstalter und Buchverlage in Deutschland verbreitet werden. Vorerst gibt’s ihn praktisch – wenn auch unpraktisch zum Ausdrucken – nur per Internet. Paul Kreiner

Mehr dazu im Internet unter:

www.rom.diplo.de oder

www.addiopizzo.org

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