zum Hauptinhalt

Feriensprachreisen: Vokabeln zum Spaß

Zahlreiche Veranstalter bieten Feriensprachreisen für Schüler an. Tipps zur richtigen Auswahl.

Wenn es Schulzeugnisse gegeben hat, hängt in manchen Familien der Haussegen schief: die Noten. Bei Englisch, Französisch oder Spanisch „mangelhaft“ muss auch in den Ferien am fremden Idiom gefeilt werden. Die 16-jährige Alessa aus Bremen hatte das nicht nötig – und wollte trotzdem büffeln. „Ich hatte Englisch als Leistungskurs belegt und wollte die Sprache endlich mal richtig anwenden“, erinnert sie sich. „Und zwar nicht nur in der Schule.“

Alessas Eltern buchten über den Bremer Reiseveranstalter Offährte eine zweiwöchige Sprachreise nach Südengland, in die Kleinstadt Chichester. „Jeden Morgen von zehn Uhr bis halb eins hatten wir Unterricht, nachmittags war frei“, sagt Alessa. Frontalunterricht wie in der Schule gab es dort nicht, alles funktionierte eher spielerisch. Mit ihr lebten viele andere Schüler aus Italien, Frankreich und Deutschland im Internat. Ob Kostümpartys, sportliche Wettkämpfe oder Tagesausflüge nach London – langweilig wurden die Nachmittage nicht.

Lernen und dabei Spaß haben, so lautet die Formel von Sprachreiseveranstaltern wie Offährte, Kolumbus, Lal oder Carpe Diem. Mehr als 90 Prozent der Schülerreisen führen in englischsprachige Regionen. Das muss nicht immer Großbritannien sein: Auch auf Mittelmeerinseln wie Malta oder Zypern wird Englisch unterrichtet.

Die Veranstalter lassen sich einiges einfallen. So plant Offährte in den kommenden Osterferien eine Themensprachreise auf den Spuren von Sherlock Holmes. Die Schüler zwischen 14 und 17 Jahren sollen in Exmouth einen „Mord“ aufklären. Zwei Wochen lang suchen sie Tatwaffen und andere Spuren. Die Sprache lernen sie nebenbei. Passend zum Thema werden Ausflüge organisiert: nach Torquay, dem Geburtsort von Agatha Christie, und ins mysteriöse Dartmoor. Das unterschiedliche Leistungsniveau der Schüler sei kein Problem, sagt Heiner Giese, Offährte-Geschäftsführer und Vorsitzender vom Fachverband Deutscher Sprachreiseveranstalter (FDSV). „Wer etwa zwei Jahre Englischunterricht hatte, kommt gut zurecht.“

Eher lernschwache Jugendliche sind in Ferienkursen nicht immer gut aufgehoben. „Wer sich im Land bewegt, lernt vor allem das Sprechen“, sagt Sandra Mämecke von der Stiftung Warentest, die verschiedene Sprachreisen unter die Lupe genommen hat. Um die Schulnoten der Teilnehmer spürbar zu verbessern, seien die zweiwöchigen Kurse zu kurz. Zudem schwanke bisweilen das Niveau des Unterrichts, wenn Teilnehmer mit unterschiedlichen Sprachkenntnissen gemeinsam lernen. „Da ergibt es mehr Sinn, das Geld für regelmäßigen Nachhilfeunterricht auszugeben“, sagt die Expertin.

Dass Sprachreisen die Schulnoten nicht immer verbessern, weiß auch der Vorsitzende vom Deutschen Philologenverband (DPHV), Heinz-Peter Meidinger. „Wenn jemand seit mehreren Jahren Lücken in Grammatik und Rechtschreibung hat, kann man die nicht durch einen Urlaub wieder ausgleichen“, sagt er. Als Schulleiter vom Robert-Koch-Gymnasium im bayrischen Deggendorf habe er jedoch öfter erlebt, wie lernschwache Schüler durch einen Kurs im Ausland zum Sprachenlernen motiviert wurden. „Die waren auf einmal selbstbewusster und meldeten sich häufiger“, sagt Meidinger.

Um möglichst viel aus den Wochen im Ausland herauszuholen, empfiehlt Sandra Mämecke die Unterkunft in Gastfamilien. Dort ergebe sich täglich der so wichtige Kontakt mit Muttersprachlern. „Sinnvoll ist das jedoch nur, wenn man der einzige deutsche Gast in der Familie ist“, sagt die Expertin. Manche Veranstalter versprechen zwar, ihre Schüler allein unterzubringen – aber nicht immer werde dieses Versprechen gehalten. „Das sollte man vor der Buchung unbedingt noch einmal ansprechen.“ Von einem Wohnheim rät Mämecke ab. Dort seien die verschiedenen Nationen nach wenigen Tagen nur noch unter sich.

Heiner Giese vom FDSV dagegen sieht eher Nachteile bei Privatunterkünften. „Manche Teilnehmer trauen sich in der Gastfamilie nicht, am Frühstückstisch in einer fremden Sprache zu sprechen“, sagt er. Das sei kontraproduktiv. Zudem sei die Unterkunft in einem Wohnheim oft komfortabler. Die Jugendlichen wohnen in Einzelzimmern, teilen sich WC und Dusche. Bei Offährte erhalten sie gegen einen Aufpreis von 100 Euro sogar ein eigenes Bad. So kommt man bei einer zweiwöchigen Reise, wie sie Alessa gemacht hat, auf Kosten zwischen 1200 und 1600 Euro – je nach Anreise und Unterkunft.

Kein Pappenstiel für die Eltern. Doch Alessa hat es so gut gefallen, dass sie dieses Jahr wieder eine Sprachreise nach England machen will. „Unter den Mitschülern habe ich Freunde gefunden“, sagt sie. Die kommen zwar nicht aus Großbritannien, sondern aus Italien und Frankreich – aber Englisch sprechen sie inzwischen alle ganz gut.

Philipp Eins

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false