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Der Direktor des Tourismusverbandes von Montenegro, Zarko Radulovic

© Horst Schwartz

Reise: Montenegro wartet auf die Deutschen

Montenegro schickt sich soeben an, auf die touristische Landkarte der Deutschen zurückzukehren. Nach den Balkanwirren standen die Montenegriner touristisch jahrelang im Abseits, doch im vergangenen Jahr buchten immerhin 34 000 Bundesbürger Ferien im „Land der Schwarzen Berge“.

Montenegro schickt sich soeben an, auf die touristische Landkarte der Deutschen zurückzukehren. Nach den Balkanwirren standen die Montenegriner touristisch jahrelang im Abseits, doch im vergangenen Jahr buchten immerhin 34 000 Bundesbürger Ferien im „Land der Schwarzen Berge“. Ein Neubeginn, wenn auch ein zarter, denn vor dem Jugoslawienkrieg waren es weit mehr als 150 000 Deutsche, die ihren Urlaub an der Adriaküste verbrachten.

In dem latent schwelenden Kosovokonflikt sieht Lazar Radovic den wesentlichen Grund dafür, dass viele frühere Stammgäste immer noch nichts vom Montenegrourlaub wissen wollen. Wie viele andere an den Rand gedrängte Reiseziele auch wünscht sich der 35-jährige Bürgermeister von Budva, der touristischen Hauptstadt Montenegros jedoch händeringend mehr deutsche Urlauber. Denn nach seiner Erfahrung unterscheiden sie sich von anderen nicht unerheblich. „Sie kommen zu Beginn der Saison als Erste und gehen zu Saisonende als Letzte“, weiß er aus der Praxis.

Erheblich kürzer ist die Zeit, die russische Gäste in Montenegro verbringen. Dafür reisen sie in verstärkter Zahl an. In allen Orten des Landes stellen sie heute die Mehrheit der Touristen, zu bestimmten Zeiten geben sie in den größeren Hotels buchstäblich auch den Ton an. „Langfristig sind uns die Deutschen lieber als die Russen“, verrät der Bürgermeister. Aber er räumt ein, dass Montenegro an den Gästen aus dem Osten viel verdient: Russische Gäste zahlen 45 Prozent höhere Reisepreise als deutsche.

„Alle ethnischen Gruppen vertragen sich in Montenegro“, freut sich Pius Fischer, Deutschlands Botschafter in der noch jungen Republik; es habe „noch nie eine Explosion“ gegeben. Dass die Angst vor politischen Unruhen völlig unberechtigt ist, wollen die Montenegriner der Reisebranche beweisen, wenn im November in Budva die Jahrestagung des Deutschen Reise-Verbandes (DRV) stattfindet.

Sollten nach der Tagung die Besucherzahlen wirklich, wie von den Gastgebern erwartet, in die Höhe schnellen, könnten Montenegro Probleme bekommen: Es gibt zwar viele kleine Hotels, aber zu wenig größere, wie sie für den angestrebten Massentourismus erforderlich sind. Dieser Tatbestand ist auch der Ursache zu verdanken, dass nach der Unabhängigkeit im Jahr 2006 nicht genug Verwaltungskapazität zur Verfügung stand, um Investoren gebührend zu bedienen.

„Wir haben drei Jahre verloren“, ärgert sich Zarko Radulovic, Mitinhaber des Fünf-Sterne-Hotels Splendid in Budva und Direktor des Tourismusverbandes von Montenegro. Er schickt derzeit seine Mitarbeiter zu Deutschkursen. Denn im Land beherrscht das Hotelpersonal kaum eine Fremdsprache, nur selten Deutsch und auch nur vereinzelt mal Englisch. Dass Gäste im Splendid schon mal einen pantomimischen Tanz aufführen müssen, damit die Bedienung versteht, dass ein Spiegelei und keineswegs das herbeigebrachte Omelette gewünscht wurde, ist beileibe kein Einzelfall. Horst Schwartz

Horst Schwartz

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