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Meer im Blick. Wer bei Ahrenshoop unterhalb des Steilufers oder gar oben nah an der Kante entlangspaziert, sollte gut aufpassen. Die Steilküste ist brüchig.

© imago/imagebroker

Ostsee: Hart an der Kante

Die Steilküste auf der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst ist bedroht. Für ihren Schutz fehlt das Geld.

ZDF im Norden – so nannte man zu DDR-Zeiten die nach Ansicht ihrer Bewohner schönste Halbinsel Deutschlands mit Zingst, Darß und Fischland östlich von Rostock.

Heute ist die 45 Kilometer lange Halbinsel Fischland-Darß-Zingst, wie sie offiziell heißt, zu großen Teilen als „Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft“ ausgewiesen und wirbt vollmundig mit „malerischen Sonnenuntergängen“ und „beeindruckenden Aussichten“. Wind und Wellen haben die Halbinsel geformt – und gefährden sie. Die Ostseestürme nagen vor allem an dem Steilküstenabschnitt bei Ahrenshoop. Weil die Landesregierung die Küste nicht schützen will, sind Gemeinden und Initiativen selbst aktiv geworden.

„Wenn wir – wie die Landesregierung – nichts machen, droht dem Fischland der Untergang“, befürchtet Jörn Reiche von der Interessengemeinschaft Hohe Düne. Gefährlich ist es schon jetzt. „An der Steilküste besteht ständig akute Abbruchgefahr!“ steht auf Schildern, die das Amt Darß-Fischland am Strand aufgestellt hat. Auch am Wanderweg auf der Düne, der teilweise nur wenige Meter von der Abbruchkante entfernt verläuft, gibt es Warnhinweise.

Das Steilufer versorgt andere Küstenabschnitte mit Sediment

Die Landesregierung im fernen Schwerin sieht aber keinen Grund für ein Eingreifen, weil es an den gefährdeten Stellen keine Häuser gebe, die geschützt werden müssten. Zudem komme dem Rückgang der Steilufer eine wichtige Funktion zu, sagte der Sprecher des für den Küstenschutz zuständigen Umweltministeriums, Constantin Marquardt.

Durch das Abtragen des Steilufers werde Sediment für den küstenparallelen Sedimenttransport verfügbar, das für die Erhaltung der an die Steilufer angrenzenden Dünenküsten von existenzieller Bedeutung sei. Diese würden sich zurückbilden, wenn sie nicht weiterhin mit ausreichend Sediment versorgt würden.

Da allerdings die Sedimentlieferung der Steilufer heute nicht mehr ausreichend sei, befänden sich viele Dünenküsten bereits in natürlicher Erosion. Deshalb seien hier künstliche Sandaufspülungen erforderlich. Würden also Steilufer geschützt, führe dies direkt zu steigenden Küstenschutzaufwendungen an den Dünenküsten.

Die Initiative lässt dies nicht gelten und hat nun zusammen mit Gemeinden ein Planungsbüro beauftragt, ein Konzept zum Schutz des Steilufers zu erstellen. Es hat nach Reiches Angaben zwei Varianten vorgeschlagen: Buhnen anzulegen oder einen Wellenbrecher aus Steinen zu bauen. Die zehn erforderlichen, jeweils 100 Meter langen Buhnen würden jeweils etwa 100.000 Euro kosten. Reiche rechnet mit Gesamtkosten in Höhe von 1,5 Millionen Euro. Der steinerne Wellenbrecher, Unterwasserschwellen genannt, würde sogar um die fünf Millionen Euro kosten.

Spenden sind kaum eingegangen

Solche Wellenbrecher schützen auch das Ufer an der Seebrücke in Wustrow sowie einen Bereich bei Altwarp. Zu DDR-Zeiten habe man geplant, auch welche vor dem Steilufer zu bauen, sagte Reiche. Dabei ist es geblieben.

Die Initiatoren hoffen, dass es wenigstens für den Bau einen Zuschuss aus der Landeskasse geben wird. Und auch mit EU-Geld aus einem Fördertopf kalkulieren sie. Und sie sammeln Spenden. Auch von Urlaubern. 5000 Flugblätter mit dem Aufruf zur Spende haben sie nach Reiches Angaben drucken lassen.

Die Flyer seien auch fleißig eingesammelt worden; Spenden dagegen seien kaum eingegangen, sagte Reiche. Die größte Einzelsumme habe aber immerhin 5000 Euro betragen; auch eine Spende über 2000 Euro habe es gegeben. Nun hoffen Reiche und seine Mitstreiter auf weitere finanzielle Unterstützung: „Wenn das Steilufer weg ist, ist es zu spät.“

Spendenkonto Interessengemeinschaft Hohes Ufer, IBAN: DE27 150 505 00 010204 3590, BIC: NOLADE21GRW

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