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© picture-alliance/ dpa

Piraten: Alle Mann von Bord

Kreuzfahrer ziehen weiter durchs Piratengebiet im Golf von Aden. Doch nicht immer mit Passagieren

Wochenlang sind Kreuzfahrtschiffe mit deutschen Urlaubern nicht durch den Golf von Aden gefahren. Vor der Piratengefahr in dem Gewässer zwischen Somalia und Jemen, für das es eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes gibt, haben die Reedereien jedoch nicht kapituliert. Der Grund ist ein anderer: In den heißen Sommermonaten steuern die Touristenschiffe ohnehin planmäßig fast nur Ziele in Nordeuropa und im Mittelmeerraum an. Im Herbst und Frühjahr ändert sich das: Einige Schiffe fahren dann durch den Suezkanal und den Golf von Aden, um ihre Winterziele im Indischen Ozean, in Asien und im Persischen Golf zu erreichen oder von dort zurückzukehren. Die meisten Reedereien halten an diesen Touren und Terminen fest.

Zu den Anbietern, die Fahrten durch das von internationalen Truppen bewachte Gewässer am Horn von Afrika weiterhin im Programm haben, zählen Aida Cruises, Delphin Kreuzfahrten, Phoenix Reisen, Transocean Tours und Costa Kreuzfahrten. Auch die Reederei Deilmann mit dem Fernseh-Traumschiff „Deutschland“ hat die Region bisher nicht aus dem Routenplan gestrichen – der nächste Besuch steht jedoch erst im April 2011 an. Dass es bei den Fahrten durch den Golf von Aden erhöhte Sicherheitsvorkehrungen gibt, betonen die Reedereien gerne. Welche es sind, sagen sie allerdings nicht – aus Sicherheitsgründen.

Eine andere Entscheidung hat MSC Kreuzfahrten getroffen. Die italienische Reederei schickt die „MSC Sinfonia“, ein Schiff für bis zu 1700 Passagiere, die westafrikanische Küste entlang: Im Herbst geht es über Marokko, Senegal und Namibia nach Südafrika und im April 2010 auf dem gleichen Weg zurück. Ursprünglich waren diese Überführungsfahrten an Afrikas Ostküste geplant. Für die Westroute habe sich das Unternehmen „aufgrund der Geschehnisse“ entschieden, sagt Deutschland-Geschäftsführer Falk-Hartwig Rost in München und meint einen Piratenangriff auf die „MSC Melody“ im April, der weit vor der Festlandküste im Indischen Ozean abgewehrt wurde.

Dass nicht noch mehr Reedereien dem Beispiel folgen und an Afrikas Westküste ausweichen, liegt an der sehr langfristigen Planung der Kreuzfahrten, die oft schon bis ins Jahr 2011 reicht. Den Suezkanal zu meiden und Afrika zu umrunden, würde für Schiffe mit einem Ziel wie Dubai zu Fahrtzeitverlängerungen von etwa 30 Tagen führen, erläutert Sibylle Zeuch vom Deutschen Reiseverband (DRV) in Berlin. „Die Fahrpläne und die Reisepläne der Kunden kämen völlig durcheinander.“ Die Frage nach Routenänderungen habe sich daher gar nicht gestellt, erklären Hansjörg Kunze von Aida Cruises in Rostock und Ralph Steffen, Sprecher von Costa Deutschland in Neu-Isenburg.

Noch einen anderen Weg sind bisher Hapag-Lloyd Kreuzfahrten und Plantours & Partner gegangen: Beide Reedereien haben Schiffe in der jüngsten Vergangenheit nur mit der Besatzung durch den Golf von Aden fahren lassen. So wurden die Passagiere der „Europa“ von Hapag-Lloyd im April auf dem Weg nach Zypern in Oman ausgeschifft und in Jemen wieder an Bord gebracht. Das will die Reederei auch künftig tun: „Wir fahren nicht mit Passagieren durch den Golf, solange sich die Situation nicht geändert hat“, sagt Hapag-Lloyd-Sprecherin Negar Etminan. Die nächste Fahrt durch den Golf steht allerdings erst im April 2010 an, wenn die „Europa“ von Dubai nach Malta unterwegs ist.

Plantours & Partner dagegen lassen das Hochseeschiff „Vistamar“ vorerst nicht in die Region zurückkehren. Anders als bei MSC und Hapag-Lloyd war bei dem Unternehmen aus Bremen eine solche Route im kommenden Winter aber auch gar nicht geplant. Stattdessen sollte es erst in der Saison 2010/11 wieder zwei Mal durch den Golf von Aden gehen. Das hat Plantours nun geändert. Man habe durchaus die Sorge, „dass da etwas passiert“, sagt Geschäftsführer Oliver Steuber.

Andere Reedereien beurteilen die Lage nicht so. „Wir haben eine stabile Nachfrage nach diesen Reisen“, sagt Aida-Sprecher Kunze. „Es kommt zwar zu Umbuchungswünschen oder Stornierungen, jedoch handelt es sich um einige wenige Ausnahmefälle“, ergänzt Heinz-Herbert Hey, der Chef von Delphin Kreuzfahrten. „Keine nennenswerten Stornierungen oder Umbuchungen“ verzeichnet auch Costa: Die „kulturell sehr interessante Reise“ nach Dubai erfreue sich bei deutschen Gästen hoher Beliebtheit. Umbuchungs- und Stornowünsche für die Schiffe „Amadea“ und „Albatros“ bestätigt – ohne eine Größenordnung zu nennen – zwar auch Benjamin Krumpen, Phoenix-Reisen-Geschäftsführer in Bonn. Über Routenänderungen nachgedacht werde in seinem Haus jedoch nicht.

Die Passagiere wissen gut Bescheid über das Piratenrisiko, heißt es beim DRV: Jeder Anbieter händige bei Buchungen die Reisehinweise des Auswärtigen Amtes aus. Und die sprechen eine deutliche Sprache – ebenso wie Verteidigungsminister Franz-Josef Jung, der schon zwei Mal heftig kritisiert hat, dass Kreuzfahrtschiffe weiter im Golf von Aden präsent sind. Bei den Reiseunternehmen kam das nicht gut an. „Wir sind mit der Bundesregierung in Kontakt“, sagt DRV-Sprecherin Zeuch. Über Details dieser Gespräche will sie jedoch nichts verraten.   

Christian Röwekamp

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