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Reise: Pommes bei den Sch’tis

Die Wahrheit hinter dem Filmhit: Was die Region Nord-Pas de Calais bietet

Für den Postbeamten aus Südfrankreich kommt die Versetzung einem Desaster gleich: Im hohen Norden, in Lille, soll er arbeiten. Dort, wo es kalt ist, ständig regnet und die Leute nicht mal ordentlich Französisch sprechen können. Was der bedauernswerte Postler dann am Ort erlebt, ist Thema des Films „Willkommen bei den Sch’tis“. Ein Renner. Über 20 Millionen Franzosen haben sich bei dem Streifen schon amüsiert, gut 1,3 Millionen Deutsche haben über ihn gelacht. Es ist ein Film, der mit allen möglichen Vorurteilen über die Region Nord-Pas de Calais spielt.

„Es sind nicht nur Klischees“, sagt Antoine Dutilleul, beim Maison de la France in Frankfurt am Main verantwortlich für das Marketing des Landstrichs. Vieles in dem Kinohit spiegele die Wirklichkeit. Eine sei, dass Franzosen die Gegend tatsächlich selten auf ihrer Urlaubsliste haben. Dabei, sagt Dutilleul, sei das Wetter dort wirklich nicht schlechter als etwa im Elsass, in Lothringen oder in Paris. Im Film essen die Einheimischen ständig Pommes frites, das dürfte doch wohl stark übertrieben sein? „Nun“, sagt der Nord-Franzose, „wir essen nicht jeden Tag Fritten, aber ziemlich oft.“ Sie schmeckten einfach gut, nicht zu vergleichen mit den Pommes bei McDonald. „Bei uns sind sie eben handgemacht.“ Aber in Nord-Pas de Calais gebe es auch eine Reihe von Sterne-Restaurants, und die Gegend würde Feinschmeckern einiges bieten. Besonders in den Lokalen an der Küste, versichert Dutilleul, „werden vorzügliche Meeresfrüchte, Langusten und Hummer serviert“.

Auch nach dem humorvollen Film wird Nord-Pas de Calais wohl nicht zum Massenziel werden. Aber neugierig macht die Region mit ihren knapp vier Millionen Einwohnern schon. Und zu entdecken gibt es eine ganze Menge. Die Befestigungsanlagen von Sébastien le Prestre de Vauban etwa, Baumeister unter Ludwig IV. In sechzehn Städten der Region sind sie zu bewundern, und etliche von ihnen wurden von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt. Auch jene in der beschaulichen Kleinstadt Saint Omer, deren Bauten den Krieg weitgehend unbeschadet überstanden haben.

Allein in Lille ist eine Menge zu besichtigen. Das Geburtshaus von Charles de Gaulles zum Beispiel oder „La Piscine – Musée d’Art et d’Industrie André Diligent“, ein ehemaliges städtisches Schwimmbad im Art-déco-Stil der 1930er Jahre. Zu besuchen ist in jedem Fall auch das Museum des Comtessen-Hospiz, dessen alte Küche und der Krankensaal die harte Vergangenheit spiegeln. In den Sälen sind mit Fayencen, Möbeln und Gemälden aber auch beredte Zeugnisse früheren Alltags ausgestellt.

Eine besondere Adresse befindet sich südöstlich von Cambrai: das Musée Matisse. 1869 wurde der bedeutende Maler hier in Le-Cateau geboren, und „sein“ Museum im Palais Fénelon konnte er sogar noch mitgestalten. Nun sind wichtige Werke von ihm dort ausgestellt, aber auch Kunst von Picasso und Chagall.

Auch wenn nicht allzu häufig Badewetter ist, hat die Côte d’Opale, die Opalküste, ihren besonderen Reiz. Den Namen gab ihr zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Maler Edouard Lèveque, der damit die sanften, irisierenden Farben zwischen den Orten Calais und Boulogne-sur-Mer pries. Auch der Schriftsteller Victor Hugo, so heißt es, soll hier seine Inspirationen gefunden haben.

Berck-sur-Mer wird vor allem zum Drachenfestival, in diesem Jahr vom 18. bis 26. April, ein traumhafter Ort. Fantastische Drachen in verschiedensten Formen fliegen dann darüber. Eine halbe Million Menschen findet sich zu dem Himmelsspektakel jährlich ein. Elegante Sommer hingegen erlebt man im Norden in Le Touquet Paris-Plage. Ein Spaziergang entlang der Bauten der Belle Epoque ist hier mindestens so beeindruckend wie an der Côte d’Azur. Sogar, wenn die Sonne sich mal wieder hinter Wolken versteckt. Hella Kaiser

Auskunft: Maison de la France, Frankfurt, Internet: www.franceguide.com

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