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Albtraum Andratx. Zahlreiche Bauten in dem Jet-Set-Ort wurden illegal errichtet. Das Verfahren läuft noch.

© GOB

Sorge um die Insel: Parkplätze im Feuchtgebiet

Umweltschützer warnen: Mallorca nutzt die Krise zum Ausverkauf der Natur.

Miquel Barcelós Arbeiten erregen Aufsehen. Seine fast 300 Quadratmeter große Keramik in der Kathedrale Le Seu von Palma de Mallorca ebenso wie Deckenarbeiten im Gebäude des UN-Menschenrechtsrates in Genf. Doch der Mallorquiner ist nicht nur Künstler, sondern auch Umweltschützer. In einem neuen Mini-Video lässt er seine Insel unter ungezählten schwarzen Klecksen verschwinden. Damit will er der Grup Balear d’ornitologia i defensa de la Naturalesa (GOB), helfen, auf den drohenden Ausverkauf seiner Heimat hinzuweisen. Er ist einer von 7000 Mitgliedern der 1973 gegründeten Umweltschutzorganisation, die sich um die Zukunft Mallorcas sorgen.

„Wir sind nicht gegen Tourismus“, betonte Marcià Blazquez Salmon, Präsident des GOB jetzt in Berlin. Aber dagegen, dass immer mehr unberührte Landschaften der Insel bebaut werden sollen. Die Regierung, so der Vorwurf, nutze die derzeitige Wirtschaftskrise, um die Kommerzialisierung von Naturschutzgebieten voranzutreiben. Ein neues Gesetz zur „nachhaltigen“ Stadtplanung (Ley7/2012 e urbanismo sostenible) hebe den Schutz von Landschaften auf und gebe diese zur Bebauung frei.

So sei etwa ein Hotel mit 1250 Betten dicht an dem größten Sanddünengebiet Mallorcas in Arenal Sa Ràpita geplant. Am Naturschutzgebiet Canyamel in Nordosten der Insel wird 2015 ein Fünf-Sterne-Resorthotel (Park Hyatt) eröffnen. Im Feuchtgebiet der Marina de Magaluf sind nach Darstellung Salmons Häuser, Einkaufszentren und Freizeitparks geplant. Ein großer Teil des letzten Feuchtgebietes bei Palma sei bedroht, weil dort eine Mega-Shoppingmall entstehen soll, nebst einem Parkplatz für 2500 Autos.

Bauland auf Mallorca ist knapp – und wird immer teurer. Vielversprechend für ausländische Investoren, die ihr Geld gewinnbringend anlegen wollen. Naturschutz stört da nur. Die Inselregierung, so lautet der Vorwurf des GOB, öffne potenziellen Bauherren Tür und Tor. Deutlich sichtbar ist die verheerende Entwicklung in Andratx, dem beliebten Ort der internationalen Jet-Set-Gemeinde. „Rund zehn Urbanisationen wurden dort illegal errichtet“, sagt der Journalist Günther G. Prütting, dessen Buch „Die Mallorca Connection“ die kriminellen Netzwerke auf der Insel beschreibt. (Hoffnarr Verlag).

In den Fall Andratx sind Politiker der höchsten Ebene verwickelt, die zurzeit Haftstrafen wegen Korruption, Geldwäsche und Verstoß gegen die Raumordnungsverfahren absitzen. Dass die Verfahren in Gang kamen, lag auch an den Hinweisen des GOB. Noch sind dazu nicht alle Akten geschlossen. Auch im Fall Ses Covetes konnte der Umweltverband einen Erfolg verbuchen. 68 im Bau befindliche Apartments, ohne Genehmigung direkt neben dem jungfräulichen Strand Es Trenc geplant, müssen abgerissen werden.

Im Zuge der neuerlichen Planungen auf Mallorca hofft der GOB jetzt auch auf Hilfe von deutschen Urlaubern. Auf der Website www.mallorcablackout.org können sie einen Brief an den Präsidenten der Inselregierung unterzeichnen, und damit ihrer Sorge um die Insel Ausdruck verleihen. „Wir wollen nicht noch mehr Marinas, Einkaufszentren und Straßen“, sagt Maciá Blazquez Salmon. Und kommt zu dem Schluss, dass der Massentourismus am „Ballermann“ eine weitaus bessere Energiebilanz hat, als der neue Luxustourismus in ökologisch wertvollen Gebieten.

Dass an der Playa de Palma alte Hotels modernisiert werden, um den Tourismus zu pflegen, unterstützt der GOB. Auch neue Häuser als Ersatz für schäbige Bauten an der Partymeile sieht der Umweltverband gern. Aber müssen nun auch im Weltkulturerbe Tramuntanagebirge Hotels entstehen?

Wenn die Bebauung der Insel so fortschreitet, wie es die schwarzen Punkte auf Miquel Barcelós Kunst-Video suggerieren, ist Mallorca für die Zukunft verloren. Urlauber, die das Eiland gerade wegen seiner landschaftlichen Reize lieben, werden es dann nicht wiedererkennen.

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