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© dpa

Südharz: Entspannung beim Gebet

Im Südharz probiert man neue Wellnessvarianten

In Scharzfeld wird eine „Jungfrau“ bei einer Magic Show zersägt. In Bad Lauterberg lassen die Holzhauer ihre Peitschen knallen. Im Kloster Walkenried ist Ostersonntag um 19.30 Uhr bei freiem Eintritt einer Lesung und Musik bei Kerzenschein zu lauschen. Die „Sonnenseite des Harzes“, von Bad Grund über Osterode bis Bad Sachsa, zeigt so ihre Art von Frühlingserwachen. Für Anfang April sei auch Sonne angesagt, freut sich eine Sprecherin des Tourismusverbandes „Harzer Sonnenseite“.

Während andere Gemeinden ihr Osterfeuer anzünden und Bratwürste auf den Rost legen, sind die Südharzer offenbar bemüht, alles ganz anders zu machen. „Bei uns sprudeln die Ideen“, sagt eine Mitarbeiterin beim Gästeservice in Bad Lauterberg. Da müht sich ein Hotel in Bad Sachsa, seine Gäste „die fünf Sprachen der Liebe“ zu lehren. Da können Asthmatiker Ostern liegend in einer Höhle in Bad Grund verbringen, weil es da so klare Luft zum Atmen gibt. Da lief bis vor kurzem noch ganz selbstbewusst das Programm „Lieber Harz als Honolulu“ mit Nachterlebnisaktion, Geländespiel und Problemlösungsaufgaben.

Sogar Trends werden neu gesetzt. Gerade hat eine couragierte Hotelfrau dem weltweit beliebten Ayurveda als fernöstliche Entspannung rund um Buddha in der Wellnessbehandlung abgeschworen. „Da fallen Leute in Trance, bekommen böse Träume und sind plötzlich nach dem Aufwachen andere Persönlichkeiten“, behauptet warnend Nora Oelkers. Sie setzt in ihrem Fünfsternehaus in Bad Sachsa jetzt auf die christlichen Grundwerte. Zur Tiefenentspannung Bibeltexte, nach der Massage mit dem Physiotherapeuten beten – damit schlägt sie einen neuen Entspannungspfad ein. Nora Oelkers hat sogar einen Hausaltar aufstellen lassen. Ihre in Religion geschulte Mitarbeiterin Birgit Welteke liest donnerstags bei Kerzenschein der wachsenden Zahl von Gästen etwa den Psalm 23 vor – „der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln“.

Mangel an irgendetwas kennen auch die Gäste im Hotel nicht, wie sie erzählen. „Außer vielleicht an Zeit für mich“, beklagt ein 55-Jähriger aus Hamburg. Er hat sich einen „Cardio Scan“ machen lassen und dabei gesehen, dass sein Herz etwas aus dem Takt ist. „Ich muss mich mehr um mich kümmern“, gibt er zu. Physiotherapeut Benjamin Schubert pflichtet ihm bei und bietet ihm erst einmal ein gemeinsames Gebet an. Der Gast ist überrascht, willigt aber ein. Feinsinnig bemerkt Schubert: „Viele, die kommen, gehören zu denen, die es geschafft haben und gleichzeitig zu denen, die geschafft sind.“

Der Hamburger lächelt nur etwas müde. Immerhin ahnt er: Ein Gebet löst vielleicht die Spannung, schafft Verbindung nach oben, nährt die Seele, aber es kann den Kardiologen nicht ersetzen. „Beten allein heilt noch keine Krankheit“, bekräftigt der Therapeut. Doch es könne Wohlgefühl auslösen. Psalm 23 geht jedenfalls so weiter: „Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser.“ Genau das bietet das Haus an, sobald es ein bisschen wärmer draußen ist: einen Entschleunigungsspaziergang. Schweigend auf eine grüne Bergwiese hinaufgehen, sich im Gras wälzen, den Bienen lauschen und das Gras riechen. „Oben packen wir jedem, der möchte, einen schweren Stein in den Rucksack“, erzählt Nora Oelkers, „den trägt der Gast zu Tal und wirft ihn hier unten in den Teich – das ist Befreiung.“

In einem anderen Haus im Südharz läuft derweil schon das Badewasser ein. Thomas Mühl aus Bad Lauterberg setzt auf das neue „Harzer Bademenü“. Es besteht aus vier Gängen und beginnt mit dem „Amuse Spa“, einem frisch gepressten Saft. Dann legt sich der Gast zur „Vorspeise“ ins Pharaonenbad mit Orange- und Apfeldüften. Nach dem Zwischengang „Teilmassage“ gibt’s ein Meersalzpeeling und zum Dessert wird eine Fußreflexzonenmassage serviert.

Auskunft: Harzer Sonnenseite, Gästeservicezentrum, Bad Lauterberg, Telefonnummer: 055 24 /920 40, im Internet unter: www.harzer-sonnenseite.de

Knut Diers

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