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Reise: Ungeschickt und untauglich

Touristiker aus aller Welt sind bis heute in Berlin versammelt. Grund genug für den Bundestagsabgeordneten Klaus Brähmig (CDU) sich aus Anlass der ITB mit einem Statement zu Wort zu melden.

Touristiker aus aller Welt sind bis heute in Berlin versammelt. Grund genug für den Bundestagsabgeordneten Klaus Brähmig (CDU) sich aus Anlass der ITB mit einem Statement zu Wort zu melden. Schließlich muss mal bewiesen werden, dass es im Deutschen Bundestag tatsächlich einen Ausschuss für Tourismus gibt. Von dem hört man sonst wenig bis gar nichts. Angesichts dessen, was der Ausschussvorsitzende Brähmig nun zu Protokoll gab, darf man allerdings froh sein darüber. Er hat sich nämlich nicht entblödet, äußerst ungeschickt den untauglichen Versuch zu unternehmen, eine Debatte zu einem Thema zu entfachen, die bereits vor mehr als 20 Jahren geführt wurde und eigentlich als abgeschlossen galt: das Reisen in Diktaturen. Das möchte der Christdemokrat aus dem Sächsischen zwar nicht verbieten lassen (wie auch?), doch er fände es gut, wenn Länder, wo Diktatoren ihr Unwesen treiben, Frauen unterdrückt und Kinder ausgebeutet werden, vom internationalen Reisestrom abgeschnitten würden. Reiseveranstalter etwa sollten in ihren Katalogen deutlich machen, wenn es sich bei dem entsprechenden Reiseland um eine Diktatur handele. Er, Brähmig, als jemand, der in DDR aufgewachsen sei, wisse schließlich, was es bedeute, in einer Diktatur zu leben. Oh je. Hätte jemand wie Brähmig seinerzeit den Westdeutschen den Rat gegeben, nur ja nicht in die DDR zu reisen – man kann sich heute noch vorstellen, wie Politikern (fast) jeglicher Couleur augeheult hätten, von den Bürgern ganz zu schweigen.

Doch die Sache ist nicht nur durchdiskutiert, sie ist einfach auch durch. Schon lange. Es besteht kein Zweifel mehr daran, dass die Menschen, die gezwungen sind, in Diktaturen wie Birma, Nordkorea, Weißrussland und unter kaum weniger üblen Machthabern auch in anderen Ländern zu leben, in hohem Maß von den Kontakten mit Touristen profitieren. Nicht unbedingt finanziell, obwohl da meist selbst das kleinste Zubrot willkommen ist. Doch das Zeichen, das Touristen nur durch ihre Anwesenheit geben ist entscheidend: Wir interessieren uns für euer Land, wir sehen wie es euch geht und wir werden anderen davon berichten und euch nicht vergessen. Denn es sind landläufig nicht die „Ballermänner und -frauen“, die sich in die fraglichen Länder aufmachen. Eher sind die unterwegs, die nicht wegen Sonne, Strand und Sangria losziehen, sondern tatsächlich Land und Leute im Fokus haben.

Der CDU-Abgeordnete hat offenbar insbesondere Ägypten im Visier. Dort litten Christen unter Verfolgung, Frauen seien benachteiligt. Beides fraglos richtig, und man kann an die neuen Pharaos am Nil nur eindringlich appellieren, sich zivilisiert zu verhalten. Brähmig ist seit 1990 Mitglied der CDU und sitzt ebensolange im Bundestag. Irgendwie ist nicht in Erinnerung, dass er je in großer Öffentlichkeit gegen einen Diktator Husni Mubarak Front gemacht hätte.

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