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© dpa

Wanderschuh: Bruder Leichtfuß

Der klassische Wanderschuh im Wandel: bunter und weniger schwer. Auch Leder wird inzwischen wieder verwendet.

Jetzt ist es aber langsam an der Zeit, sich vorzubereiten. In den Bergen setzt die Sonne immer mehr dem Schnee zu, viele Wege werden schon bald wieder begehbar sein. Höchste Eisenbahn also, die Wanderschuhe aus dem Schrank zu holen. Doch wie sehen sie aus? Noch gut für eine weitere Saison oder sollten es ein Paar neue sein?

Wanderschuhe haben irgendwie ein schlechtes Image. Robust sind sie ja in der Regel, stabil gewisslich auch. Aber dazu oft schwer und irgendwie furchtbar uncool. Der Wandel ist jedoch bereits eingeleitet. Klotzig und derb war gestern. Leicht und ökologisch korrekt – so lässt sich der neue Trend bei den Outdoor-Tretern beschreiben. Er sorgt dafür, dass sich die Füße am Abend nicht mehr ganz so schwer und malträtiert anfühlen müssen. Obendrein geht es modischer zu in den Regalen der Ausrüster: Selbst bunte Schuhe sind keine Ausnahme mehr.

Lange kamen die Hersteller nicht umhin, schwere Wanderstiefel anzubieten. Für einen sicheren Tritt musste der Fuß mit stabilem Material gestützt werden. Eine Lösung für den Spagat zwischen Sicherheit und Gewicht haben zum Beispiel die jüngsten Neuerungen bei den Sohlen gebracht. „Besondere Gummimischungen sowie eingearbeitete Glaspartikel und Keramik bringen mehr Halt bei weniger Gewicht“, sagt Ralf-Stefan Beppler, Trendexperte der Messe Outdoor in Friedrichshafen. So gebe es zum Beispiel eine neue Gummisohle, die sowohl bei Minustemperaturen als auch bei leichten Plusgraden getragen werden kann. Früher habe es ein Problem gegeben: Bei Sohlen, die auf Eis und Schnee halten sollten, war der Abrieb bei wärmeren Temperaturen vergleichsweise groß. „Das ist bei der neuen Sohlenart mit Glas und Keramik anders“, sagt Beppler.

Denselben Hintergrund haben die Weiterentwicklungen des Schuhkörpers. Zumindest beim klassischen Bergstiefel sei – Überraschung – ein Trend zum Leder zu verzeichnen, sagt der Experte. Denn Leder biete letztlich ein Mehr an Stabilität. Das Material benötige im Gegensatz zu synthetischen Geweben zwar eine besondere Pflege. „Doch wer sich etwas Mühe macht, hat dann auch zehn bis zwölf Jahre etwas von einem Paar Schuhe.“

Das müsse kein Widerspruch zu leichten Gewichten sein: Gute Schuhe – selbst Lederschuhe – mit einem Gewicht von weniger als 1200 Gramm seien mittlerweile möglich. Auch Ingo Seifert-Rösing vom Deutschen Wanderverband in Kassel sagt, die Schuhe seien in den vergangenen Jahren immer leichter geworden: „Man trägt nicht mehr die schweren Bergstiefel. Mit zwei Kilo und mehr an den Füßen ist es schwieriger, leichtfüßig und damit ermüdungsfreier, sicherer zu gehen.“

Und so findet sich zum Beispiel in der neuen Kollektion des Herstellers Hanwag tatsächlich der klassische Lederschuh wieder. Allerdings setzt der Anbieter dabei verstärkt auf Ledersorten, die vorher nicht für Schuhe verwendet wurden. Etwa vom Elch oder vom Yak. Zum Teil soll ein hoch gezogener Gummisohlenrand zusätzliche Stabilität verleihen.

Beim Hersteller Meindl sind in der neuen Kollektion Materialkombinationen aus Lammfell und Gore-Tex zu finden. Das Fell hält warm und schmiegt sich an, die Gore-Tex-Membran macht den Schuh dabei wasserdicht und gleichzeitig atmungsaktiv. Auch Hersteller wie Timberland und Salomon setzen die mikroporöse Membrane in ihren Wanderschuhen ein, andere Hersteller wie Keen haben eigene Systeme.

„Besonders bei den Sommer-Wanderschuhen fällt außerdem auf, dass die Hersteller vermehrt auf Nachhaltigkeit setzen“, sagt Beppler. So achten die Firmen auf schwermetallfrei gegerbte Lederarten. Die Sohlen sind oft aus Recycling- Material. Einige Hersteller setzen auch auf organische Baumwolle oder Kokosknöpfe als Designelement: „Nachhaltigkeit und Funktion lassen sich verbinden.“

Auch modisch gesehen sind die Hersteller nach Angaben des Experten heute aufgeschlossener: „Vor Jahren war der farbenfrohe Schuh noch die Ausnahme. Da hat der Wander- oder Bergführer schon mal mit den Augen gerollt und die bunten Treter vor einer Tour genau unter die Lupe genommen. Das ist heute längst nicht mehr so.“

Gelbes, orangefarbenes oder rotes Leder? Nicht nur Wanderer im Mittelgebirge, auch Extremsportler setzen auf Farbe. „Viele Schuhe werden dadurch etwas schicker“, sagt Andrea Händel vom Deutschen Alpenverein in München. Der klassische Wanderschuh in Beige mit Dunkelgrün sei heute weniger zu sehen. Insbesondere Halbschuhe zum Wandern seien mittlerweile fast so stadttauglich wie ein schicker Turnschuh.

Wer seinen Füßen beim Wandern oder Sport allgemein etwas Gutes tun möchte, sollte jedoch nicht nur auf das Schuhwerk achten. Auch die Socken sind wichtig und nicht alle gehören in einen Wanderschuh. Baumwolle als Material ist beispielsweise denkbar ungeeignet. Die pflanzliche Faser saugt viel Feuchtigkeit auf und gibt sie nur schlecht wieder ab. Die Haut weicht auf, es gibt schmerzhafte Blasen oder Druckstellen. Ein Gemisch aus Wolle und Synthetik schützt davor. Reine Synthetiksocken hingegen haben einen gravierenden Nachteil: Nach einer schweißtreibenden Wanderung – pardon – stinken sie.

Berit Schmidt

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