Wellness: Mit dem richtigen Kissen

Raus aus dem Alltag, und wenn es nur für ein paar Tage ist: Viele Menschen suchen auf Wellness-Kurzreisen Erholung und Entspannung. Nicht wenige Hoteliers sind auf die Bedürfnisse eingestellt und bieten maßgeschneiderte Pakete. Damit Körper und Geist am Urlaubsort aber wirklich zur Ruhe kommen, sollte der Kurztrip allerdings gut geplant werden.

Im Urlaub beginnt die Erholung idealerweise schon bei der Anreise. Dauert der Trip nur wenige Tage, wird diese alte Weisheit noch wichtiger. „An erster Stelle sollte man sich bei der Buchung der Entfernung zum Urlaubsort bewusst sein“, empfiehlt Lutz Hertel, Gesundheitspsychologe und Vorsitzender des Deutschen Wellness Verbandes.

Länger als zwei Stunden dauert die Fahrt besser nicht. „Reist man mit dem Auto an, dann ist das die Toleranzdistanz, die noch gut weggesteckt wird, ohne genervt zu sein.“ Stressfreier sind Fernbus oder Bahn. Im Idealfall bietet das Hotel dann einen kostenfreien Transfer vom (Bus-)Bahnhof.

Lieber nicht am Wochenende fahren

Der klassische Zeitraum für einen Kurztrip ist das Wochenende. Gerade Berufstätige können es oft nicht anders einrichten. Wer jedoch zeitlich flexibel ist, umgeht diesen Zeitraum besser. „In dieser Stoßzeit zu fahren, ist nicht die beste Idee“, sagt Hertel. Wellness-Hotels sind am Wochenende in der Regel ausgelastet. Das bedeutet: Wunschtermine bei den Wellness-Behandlungen sind schwierig zu bekommen, viel Andrang auch im Spa-Bereich, ausgelastetes Personal.

Volle Wellness-Tempel sind jedoch nicht ungewöhnlich. Die Nachfrage für kurze Erholungsurlaube soll laut Prognosen des Instituts für Freizeitwirtschaft außerdem weiter zunehmen. Die Wellness-Auszeit ist nichts Exotisches mehr, sondern etwas, das sich viele Menschen regelmäßig gönnen, heißt es beim Hotelverband Deutschland (IHA). An Wochentagen fehlen jedoch häufig die Gäste, insbesondere in der Nebensaison. Dann geht es geruhsamer zu und Hotels bieten dann zudem nicht selten Sonderkonditionen.

Ganz wichtig: Die Termine für Wellness-Behandlungen sollten nach Möglichkeit bereits vor der Abreise von zu Hause aus vereinbart werden. Denn kein Spa hat unendliche Kapazitäten an Behandlungsräumen und Personal. „Kurzfristig sind Wunschtermine oft schwer zu realisieren“, sagt beispielsweise Petra Bensemann, Direktorin vom Hotel „Das Ahlbeck“ auf Usedom. Wer Behandlungszeiten erst an Ort und Stelle vereinbart, hat mitunter kaum terminliche Alternativen.

Zeit für sich zu haben steigert das Wohlbefinden

Zwischen den Behandlungen braucht der Körper Ruhe, um die Reize zu verarbeiten und herunterzufahren. Es ist also nicht ratsam, sich den Tag mit Anwendungen vollzupacken. „Eine Massage wirkt entspannend, klar, ist für den Körper jedoch auch belastend. Diese Anstrengung muss er danach erst einmal verarbeiten“, erläutert Bensemann.

Weniger ist also tatsächlich mehr, wenn es um die Zahl der Anwendungen geht. Schließlich findet Wellness nicht nur in den Behandlungsräumen des Spas statt: Spaziergänge in der Natur, mit einem Buch im Sessel vorm Kamin sitzen, gutes Essen genießen, Zeit für sich haben. All das entspannt, steigert das Wohlbefinden.

Ein guter Schlaf gilt schon seit eh und je als wesentlicher Bestandteil wahrer Erholung. Ohne diese nächtliche Auszeit nutzt auch das beste Entspannungsprogramm des Hotels nichts. Deshalb bieten viele Häuser nicht nur ruhige Umgebungen, sondern eigene „Kissen-Menüs“, wie sie der Hotelverband nennt. „Aus unterschiedlich großen und dicken Kissen kann jeder Gast das für ihn optimale Kopfkissen wählen.“ Zu einem gesunden Schlaf gehört auch, dass der Gast die Zimmertemperatur nach seinen Bedürfnissen und Vorlieben regeln kann.

Pro 100 Zimmer sollte ein Hotelspa 1000 Quadratmeter groß sein

Ohne Sauna, Whirlpool und Schwimmbad geht für die meisten Wellness-Urlauber gar nichts. Damit der Spa-Bereich am Urlaubsort nicht enttäuscht, recherchiert man im Zweifel lieber im Vorfeld, wie er ausgestattet ist. Von den tatsächlichen hygienischen Zuständen kann sich der Gast jedoch erst nach seiner Ankunft ein Bild machen.

Fachmann Lutz Hertel nennt für die Wahl in Sachen Spa eine einfache Faustformel: Pro Zimmer sollte man mit zehn Quadratmeter Spa-Fläche rechnen. Hat das Hotel also 100 Zimmer, sollte der Spa mindestens 1000 Quadratmeter groß sein. „Außerdem klärt man vorher, ob das Hotel Tagesgäste in den Spa lässt“, sagt der Wellness-Experte. Ist das der Fall, kann das unter Umständen für unschönes Gedränge sorgen. „Und der Mensch fühlt sich nun einmal am wohlsten, wenn es nicht so eng ist.“

Wellness-Urlaub sollte wie jede andere Auszeit immer auch ein Kontrast zum Alltag sein. „Da ist Nähe zur Natur grundsätzlich von Vorteil, weil sie insbesondere ausgleichend auf Stadtmenschen wirkt“, schildert Hertel. Darauf sollte jeder bei der Buchung Wert legen, findet er.

Digitales Entgiften tut gut

Das heißt: Idealerweise ist das Hotel von einer Landschaft umgeben, die etwas zu bieten hat, den Entdeckerreiz in uns weckt. Ob das nun Wälder, Wiesen, Weiden, Strände oder Berge sind, ist Geschmackssache. Für manche Landmenschen wiederum könne das urbane Gewusel einer Großstadt rund ums Spa durchaus mal einen Ausgleich bilden, weil der Mensch neue Stimulation erfährt, ergänzt Hertel.

Auch zur der Digitalisierung des Alltags kann ein Wellness-Urlaub Kontrastprogramm liefern. Einige Wellness-Hotels bieten laut IHA bereits „Digital Detox“ an, also digitales Entgiften. Während die landläufigen „Entgiftungsprogramme“, die von Hotel-Spas angeboten werden, eher in den Bereich Geldschneiderei eingeordnet werden dürfen, kostet das digitale Entgiften nichts. Außer etwas Überwindung. Es verlangt nämlich: Raus aus der Online-Welt, das Smartphone bleibt aus.

Wer diesen Ansatz im täglichen Leben immer mal wieder anwendet, braucht vielleicht gar einen Wellness-Trip weniger, um mal zur Ruhe zu kommen.

Tom Nebe