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Robbenjäger: Gefangen in der kalten Hölle

Rund 500 Robbenjäger sind seit mehr als einer Woche im Packeis vor der Nordostküste Kanadas gefangen. Trinkwasser, Lebensmittel und Treibstoff gehen ihnen aus - rasche Hilfe ist nicht in Sicht.

St. John's/New York - Auch am Wochenende blieb der erhoffte Wetterumschwung aus. Die Küstenwache rechnete für die nächsten Tage weiter mit einer dramatischen Situation. "Es geht sehr langsam und wir arbeiten unter schwierigsten Bedingungen", sagte Kapitän Brian Penney vom Kommandozentrum in St. John's, der Provinzhauptstadt von Neufundland und Labrador, der kanadischen Zeitung "Globe and Mail".

Das Unheil hatte die Robbenjäger vor etwa zehn Tagen buchstäblich kalt erwischt. Ein Wettereinbruch mit ungewöhnlich starkem Sturm begann, gewaltige Packeismassen in Richtung der neufundländischen Küste zu schieben. Rund 100 Fangboote blieben in den sich türmenden Schollen stecken. Einige Schiffe hielten dem Druck nicht stand. Ihre Rümpfe wurden von den Eismassen eingedrückt und die Boote mussten aufgegeben werden. Eisbrecher und Rettungshubschrauber sind rund um die Uhr im Einsatz. Nach Einschätzung von Seeleuten ist es die schlimmste Wetterlage seit mehr als 20 Jahren. Gleichwohl hält sich die Anteilnahme weltweit in Grenzen - die Robbenjagd ist seit Jahren umstritten.

Hoffen auf einen Wetterumschwung

Nur wenige Schiffe konnten sich bisher aus den Eismassen befreien und sich zu einem sicheren Hafen durchkämpfen. 52 Besatzungsmitglieder, die nicht unbedingt an Bord ihrer Boote bleiben mussten, wurden in Sicherheit gebracht, die anderen harren im Eis aus. Selbst wenn der Wind wie erhofft an diesem Montag dreht, dürfte die Rettungsaktion noch Tage dauern. Die teilweise meterdicken Eismassen müssen zunächst abdriften, bei vielen Schiffen werden erst dann die Schäden an Bug und Triebwerk deutlich werden. "Wir hoffen, dass wir das meiste innerhalb einer Woche ausgestanden haben", sagte Penney.

Für Kapitän Keith Pittmann hält das Drama bereits seit zehn Tagen an. Er blieb mit seinem Schiff und acht Mann Besatzung 25 Kilometer vor der Küste Neufundlands im Eis stecken, noch ehe er eine einzige Robbe gefangen hatte. "Das ist ein verlorenes Jahr für uns", klagte er in einem Telefoninterview. Die Mannschaft sorgt sich um die Familien daheim, der einzige Bruce-Willis-Film an Bord ist schon zig Mal gelaufen. "Ein paar Tage können wir es noch aushalten. Aber für die kleineren Boote ist es schlecht", sagt Pittmann. "Um uns herum ist nur Eis."

Die Robbenfänger gehen alljährlich etwa von Mitte März bis Mitte April im Sankt-Lorenz-Golf und vor Neufundland auf Jagd. Auch wenn die Einfuhr der begehrten Felle in der EU und in den USA verboten ist, gibt es etwa in Russland und China immer noch genügend Abnehmer. Weltweit protestieren Tierschützer - bisher vergeblich - gegen das "Abschlachten" von Hunderttausenden von Tieren: Dieses Jahr hatte die kanadische Regierung 270.000 Robben zum Abschuss freigegeben. (Von Nada Weigelt, dpa)

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